Stuttgart. .

Die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern des umstrittenen Bahnhofprojekts scheinen vor den Schlichtungsgesprächen verhärtet. Während die Bahn auf einen Weiterbau beharrt, wollen die Stuttgart -21-Gegner nur bei einem Baustopp verhandeln.

Im Streit um das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ wird sich voraussichtlich am Dienstagabend entscheiden, ob eine Schlichtung überhaupt möglich ist. Die Projektgegner wollen sich dann im Stuttgarter Rathaus mit dem als Schlichter berufenen CDU-Politiker Heiner Geißler treffen, um über ihre Bedingungen für Vermittlungsgespräche zu verhandeln.

Ein Sprecher des Aktionsbündnisses bekräftigte am Dienstag, dass es nur zu Gesprächen kommen werde, wenn die Bahn einen Bau- und Vergabestopp während der Schlichtung zusichere. Diese Forderung hatte Bahn-Chef Chef Rüdiger Grube am Montagabend in Stuttgart kategorisch zurückgewiesen.

Bahnchef beharrt auf Weiterbau

Grube sagte bei einer Veranstaltung der Stuttgarter Industrie- und Handelskammer: „Es kann und darf keinen Baustopp und keinen Vergabestopp geben“. Die Bahn sei Verträge eingegangen, die sie „abarbeiten“ müsse. Zudem müsse die Betonplatte für das Fundament des geplanten Grundwassermanagements noch vor Beginn der Frostperiode gegossen werden. Ein Baustopp koste die Bahn zusätzlich rund zehn Millionen Euro im Monat, sagte Grube

Werner Korn, Sprecher des am Aktionsbündnis beteiligten Verkehrsclub Deutschland (VCD), sagte am Dienstag mit Blick auf Grubes Äußerung, die Projektgegner beharrten auf ihrer Forderung nach einem Bau- und Vergabestopp und ließen sich darin auch nicht auseinander dividieren.

Grube als „Rambo“ bezeichnet

Das Aktionsbündnis der Gegner von „Stuttgart 21“ hat der Bahn vorgeworfen, den Schlichter Heiner Geißler zu demontieren. Bahnchef Rüdiger Grube habe mit seiner Absage an einen Baustopp „den Rambo gemacht“, sagte Sprecher Hannes Rockenbauch am Dienstag im ARD-“Morgenmagazin“. Grube hatte am Vorabend die von den Gegnern geforderte Unterbrechung der Bauarbeiten abgelehnt.

Gleichwohl hielt Rockenbauch am Gesprächstermin des Bündnisses mit Geißler am fest. „Wir wollen dieses Gespräch fair führen“, sagte er. Allerdings würden die Gegner des umstrittenen Bahnhofumbaus dem Schlichter die Botschaft mitgeben, dass es „ohne Bau- und Vergabestopp keine Gespräche“ mit der Bahn und dem Land Baden-Württemberg geben werde. Die von der Bahn zugestandene Einschränkung der Baumaßnahmen und Baufällarbeiten reiche nicht aus.

Forderung nach Volksabstimmung

Rockenbauch erneuerte die Forderung nach einer Volksabstimmung über das Projekt. „Der Kompromiss ist, dass alle Zahlen und Fakten auf den Tisch kommen“, sagte er. Danach sollten die Menschen direkt entscheiden. „Sich dem Willen der Menschen zu stellen, das ist es, was die Demokratie uns empfiehlt.“

Der Vermittler im Streit um das Großprojekt „Stuttgart 21“, Heiner Geißler, erwartet eine „Fakten- und Sachschlichtung“, die neues Vertrauen zwischen den zerstrittenen Parteien schaffen soll. Im Interview der Nachrichtenagentur dapd sagte er: „Es müssen jetzt mal alle Zahlen, Fakten und Einschätzungen auf den Tisch und zwar von Angesicht zu Angesicht“. Die Kontrahenten müssten die Argumente der anderen Seite hören und auch bewerten können.

Schlichter Geißler will Vertrauen schaffen

In den Gesprächen entstünden „möglicherweise Übereinstimmungen, die die Sache wieder normalisieren“, sagte der frühere CDU-Generalsekretär. Am Dienstagabend wollte sich Geißler mit den Gegnern des Milliarden-Projekts zu einem Sondierungsgespäch treffen. Er stellte zugleich klar, dass die Gespräche zeitlich befristet sein müssten.

Der Streit über den Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofes in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof mit stark veränderter Streckenführung unterscheidet sich aus Sicht Geißlers deutlich von anderen öffentlichen Konflikten, bei denen er als Schlichter aufgetreten ist. Er habe schon schwierige Schlichtungen gehabt, gerade auch mit der Bahn, sagte er. „Aber wir haben heute eine neue Dimension, weil zwischen den beiden Lagern überhaupt keine Vertrauensbasis da ist. Die Schlichtung soll dazu beitragen, dass wieder mehr Vertrauen entsteht. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es zu einer Befriedung kommt.“(dapd/afp/ap)