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FDP-Chef Westerwelle verteidigt das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ und fordert die Umsetzung rechtsstaatlicher Entscheidungen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus hält Veränderungen an der Architektur des geplanten Bahnhofs für denkbar.

Trotz anhaltender Massenproteste gegen das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ hat FDP-Chef Guido Westerwelle das umstrittene Bauvorhaben verteidigt. Die FDP sei „klar dafür“, sagte Westerwelle der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Es werde „problematisch“, wenn es in Deutschland soweit käme, „dass etwas, was 15 Jahre diskutiert, selbst von Grünen- und SPD-Abgeordneten mitbeschlossen und von Gerichten bestätigt wurde, nachträglich in Frage gestellt wird“. Die „Zuverlässigkeit des Rechtsstaates“ sei „ein genauso wichtiges Rechtsgut wie das Demonstrationsrecht“.

Wenn man in Deutschland „keine Straßen, keine Flughäfen, ja selbst keine Stromleitungen mehr bauen kann, die Windenergie von der Küste in die Industriegebiete leiten, und jetzt auch keine Bahnhöfe, dann werden wir auf Dauer den Wohlstand in unserer Republik nicht halten“, warnte Westerwelle. Er habe als Außenminister „nicht nur die Aufgabe, Deutschland im Ausland zu vertreten, sondern auch gelegentlich zu Hause darauf hinzuweisen, was im Ausland vor sich geht“. Die Welt stehe „am Anfang von globalen Veränderungen, nicht am Ende“. „Dieser weltweiten Dynamik muss sich unser Land stellen, wenn wir auch in Zukunft vorn mitspielen wollen“, mahnte Westerwelle.

Mappus: Veränderungen an Architektur des geplanten Bahnhofs denkbar

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hält kleine Veränderungen an der Architektur des geplanten „Stuttgart 21“-Bahnhofes durch die Schlichtung für denkbar. „Ich stehe weiter zu dem Projekt, aber wenn Veränderungen gewünscht sind, dann ist das für mich kein K.O.-Kriterium“, sagte Mappus am Montag in der saudischen Hafenstadt Dschidda während seiner knapp sechstägigen Delegationsreise durch Saudi-Arabien und Katar. Wenn Veränderungen an der Architektur gewünscht seien, müsse man sich dem stellen. „Dann darf mir aber nicht der Vorwurf gemacht werden, dass ich das Projekt teurer mache“, sagte Mappus. Unterhalb eines Baustopps könne während des Schlichtungsgesprächs über alles geredet werden, sagte er erneut. Dies gelte etwa für die zu bebauenden frei werdenden Flächen oder die Art der Ausführung der Bauarbeiten, etwa das Bohrverhalten, um Lärm und Schmutz zu reduzieren.

Die Schlichtungsverhandlungen sollen laut Mappus voraussichtlich am kommenden Donnerstag beginnen. Wer sich mit ihm, Landesverkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) und der Bahn von der Projektgegnerseite an den Tisch setze, stehe noch nicht fest, sagte er. Während der Friedensgespräche sollen keine sollen keine weiteren Bauarbeiten bis auf zwei Einschränkungen fortgesetzt werden. Dabei handelt es sich um sicherheitsrelevante Arbeiten an den Gleisen und die Einrichtung des Grundwassermanagements im Schlossgarten. Auch sollen während der Gespräche keine neuen Aufträge vergeben geben. Diese sollten geschoben werden, ohne dass es aber dabei zu einem größeren Bauverzug komme, erläuterte Mappus.

Der Vermittler im Konflikt um „Stuttgart 21“, Heiner Geißler, hatte mit seinen Äußerungen zu einem Baustopp zunächst für Verwirrung gesorgt. Geißler betonte später, nie von einem generellen Baustopp, sondern immer nur von der Friedenspflicht während der Schlichtungsverhandlungen gesprochen zu haben. Mappus hatte daraufhin seine Abreise nach Saudi-Arabien um einen Tag verschoben.

Özdemir will Wahl nicht auf eine „Stuttgart 21“-Abstimmung reduzieren

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir will die Landtagswahl in Baden-Württemberg im kommenden Frühjahr nicht zur Abstimmung über das umstrittene Bahnprojekt „Stuttgart 21“ machen. „Das will die Kanzlerin“, sagte Özdemir der „Bild“-Zeitung (Onlineausgabe). „Wir wollten die Entscheidung über S21 nicht an die Landtagswahl koppeln.“ Die Grünen hätten schon vor Jahren einen Bürgerentscheid zu dem Projekt gefordert, bei dem Stuttgarts Hauptbahnhof für mehr als vier Milliarden Euro von einem Kopf- in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut werden soll. Das sei ihnen aber verwehrt worden.

Özdemir betonte: „Klar ist: Wenn Ministerpräsident Mappus die Wahl verliert, dann muss auch die Kanzlerin beim bundeseigenen Unternehmen Bahn dafür sorgen, dass „Stuttgart 21“ nicht gebaut wird.“ Vorerst setzen die Grünen auf die Schlichtung mit dem ehemaligen CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. „Wichtig ist, dass in dieser Zeit ein Bau- und Vergabestopp gilt und keine unveränderbaren Fakten geschaffen werden, damit die Menschen überhaupt noch eine Wahl haben“, sagte Özdemir. „Gewinnen wir die Wahl, wollen wir den unsinnigen Tiefbahnhof verhindern.“

Özdemir kritisierte, bei den bisherigen Abstimmungen seien die Risiken und Kosten des Projekts nicht bekannt gewesen oder bewusst verschwiegen worden. Die Politik müsse Fehlentwicklungen aber auch korrigieren können. Die SPD solle bei „Stuttgart 21“ mit den Grünen an einem Strang ziehen, obwohl sie das Projekt lange unterstützt habe. (afp/dapd)