Essen. Über die Zukunft Europas konnten am Mittwochabend Studenten der Universität Duisburg-Essen mit NRW-Ministerpräsident Rüttgers und dem niederländischen Premierminister Balkenende persönlich debattieren. Die Studenten hatten drängende Fragen und bekamen nicht immer eine schlüssige Antwort.
Einige Studenten der Universität Duisburg Essen hatten gestern die Gelegenheit, mit NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU, 57) und dem niederländischen Premierminister Jan Peter Balkenende (CDA, 53) über die Zukunft Europas zu sprechen. Die nicht öffentliche, 45-minütige Diskussion war ein Programmpunkt bei dem Besuch des niederländischen Politikers in Nordrhein-Westfalen am Mittwoch. Sie fand im „reddot“ Designmuseum auf dem Gelände der Zeche Zollverein statt.
Eingeladen zum Gespräch mit den Ministern waren ausgewählte Studenten der „NRW School of governance“ zwischen Anfang und Ende 20, die im Sommer 2010 ihren Masterabschluss machen wollen. Die 2006 gegründete „School“ ist eine Abteilung des politikwissenschaftlichen Instituts an der Uni Duisburg Essen, sie versteht sich selbst als Initiative zur Exzellenzförderung.
Rüttgers: "Es gab immer Genöhle gegen den Euro"
Die Studenten Michael Verspohl (27) und Fabian Stütz (24) eröffneten die Gesprächsrunde mit zwei kurzen Vorträgen. Sie boten den Ministern mehrere plakative Thesen zur Diskussion an: Europa braucht eine Seele, im Sinne einer gemeinsamen Identität und Öffentlichkeit, es braucht kluge Köpfe und mehr Persönlichkeiten, die über nationalstaatlichen Interessen stehen. Die geplante Verfassung für die Europäische Union müsse heute als gescheitert gelten.
Jürgen Rüttgers widersprach beim letzten Punkt klar: „Lissabon ist nicht gescheitert, der Vertrag ist nicht so schön, wie wir Deutschen uns das mit Roman Herzog vorgestellt haben, aber er muss kommen.“ Rüttgers mahnte außerdem an, die Europa-Skepsis der Bevölkerung nicht zu leichtfertig anzuerkennen: „Es gab immer Genöhle über den Euro – und plötzlich, in der Krise, höre ich: ‚Gott sei Dank, dass wir den Euro haben, sonst wäre es noch schlimmer.’“ So sei das häufig in und mit Europa.
Wie überzeugt man einen Europawahl-Abstinenzler?
Jan Peter Balkenende erinnerte an die 50er Jahre, an die Gründungszeit der EU-Vorgänger-Institutionen. „Da war das anders“, damals sei die angesprochene, europäische Seele spürbar gewesen. Heute, so viele Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg würden viele Frieden, Sicherheit und Reisefreiheit aber für selbstverständlich halten und nicht als historische Leistung empfinden. Man müsse der breiten Bevölkerung die Bedeutung der staatlichen Zusammenarbeit in Europa immer wieder bewusst machen. Auf die wohl spannendste Frage – die, wie man jemanden, der nicht zur Europawahl gehen will, vom Gegenteil überzeugt – fanden indes weder Rüttgers noch Balkenende eine eindeutige Antwort.
Zur Zukunft der Studenten in Europa äußerte sich Rüttgers während der vorherigen Diskussion anlässlich der Kulturhauptstadt 2010. Er forderte, dass deutsche und niederländische Hochschulen enger zusammenarbeiten und die jeweiligen Abschlüsse konsequenter anerkennen. Dementsprechend wagte er der NRW-Ministerpräsident die Prognose: Wenn NRW demnächst – bald kommen die doppelten Abiturjahrgänge, Stichwort „G8“ - nicht mehr genug Studienplätze hat, „geben wir ein paar Studenten an die Niederlande“ ab.
Kommentar: Ad absurdum