Berlin.
Gesundheitsminister Philipp Rösler dringt mit seinen Reformplänen nicht wirklich durch. Vor allem die Gesundheits-Prämie stößt einigen Koalitionskollegen bitter auf. Doch das ist nur die eine Baustelle. Die andere: Rösler will an die Arzneimittelpreise ran, zum Missmut der Phamariesen.
Mit markigen Worten fordert Kathrin Vogler, Gesundheits-Expertin der Linken, Philipp Rösler (FDP) zum Kämpfen auf. „Der Gesundheitsminister muss die Pharmakonzerne stärker an die Kandare nehmen“, sagt Vogler mit Blick auf den Gipfel im Gesundheitsministerium zu Einsparungen bei den Medikamentenausgaben.
In diesen Tagen bräuchte Rösler viele Kandaren für widerspenstige Akteure auf seinen Baustellen: Zum einen will er Arzneimittelpreise drücken, weil bei den gesetzlichen Krankenkassen dieses Jahr ein Acht-Milliarden-Euro-Loch klafft. Zum anderen will Rösler die Gesundheitsprämie einführen. Dummerweise lässt sich der Koalitionspartner CSU nicht an die Kandare der FDP nehmen.
Baustelle eins: Vor wenigen Wochen kündigte Rösler an, die Arzneiausgaben auch gegen den Widerstand der Industrie zu senken. Dabei will er neue Medikamente auf ihren Nutzen testen lassen. Ist dieser nicht gegeben, dann sollen die Krankenkassen dafür auch nicht mehr teuer bezahlen müssen.
Pharmariesen an der Reihe
Vorige Woche war das Treffen mit Spitzenleuten der Gesetzlichen Krankenversicherung. Diese votierten für Preisobergrenzen bei Arzneimitteln, einen höheren Herstellerrabatt und ermäßigte Mehrwertsteuer für Arzneien. Der GVK rechnet mit vier Milliarden Euro Ersparnis.
Gestern dann waren die Pharmariesen an der Reihe. Der Vorstand des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie, Bernd Wegener, schlug vor, dass die Branche selbst über den Nutzen eines neuen Medikaments Studien macht und mit den Krankenkassen über den Preis verhandelt. Sollte keine Einigung zustande kommen, dann könnte ein noch zu bestimmendes Gremium den Preis festlegen. Demnächst will Rösler auch mit den Apothekern reden und daraus dann ein Sparkonzept gießen.
Baustelle zwei: Vielen Treueschwüren und einem Friedensgipfel zum Trotz streiten CDU, CSU und FDP über den Einstieg in die Gesundheitsprämie. Hier würde jeder Krankenversicherte denselben Beitrag bezahlen, egal ob er Manager oder Müllmann ist. Wer wenig verdient, soll Geld über einen Sozialausgleich erhalten. Die CSU hält die Prämie für sozial ungerecht und unbezahlbar.
Schäubles Rechnung
Mit deren Finanzierung wird sich ab März eine Reformkommission befassen, ein Konzept soll im Frühsommer vorliegen. Vertreter aus acht Ministerien sitzen hier mit am Tisch. Unabhängig von deren Ergebnis hat Rösler längst klargestellt, dass die Gesundheitsprämie nur schrittweise kommt.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellt die Prämie dennoch immer wieder als unbezahlbar dar. Vergangene Woche provozierte er die Liberalen mit einer Antwort auf eine Grünen-Anfrage, in der er akribisch alle finanziellen Hürden auflisten ließ. Demnach steigt der Spitzensteuersatz von derzeit 45 auf 73 Prozent, wenn der Sozialausgleich 22 Milliarden Euro betrage. Einige Experten schätzen, dass dieser bis zu 35 Milliarden Euro kostet. Damit würde der Spitzensteuersatz auf irrwitzige 100 Prozent steigen. „Das sind nicht unsere Zahlen, das ist nicht unser Plan“, konterte Rösler gereizt. Nach seinen Plänen werde der Sozialausgleich unter zehn Milliarden Euro liegen.
Zudem muss die Reformkommission klären, wie der Sozialausgleich funktionieren könnte. Nach derzeitigem Stand würden rund 40 Prozent aller gesetzlich Krankenversicherten zu Empfängern. Die Freidemokraten wollen dazu die Finanzämter mit einbeziehen, um diesen „unbürokratisch“ zu bewältigen, wie es heißt.
CSU: „Unsinn“
Dauer-Widerstand kommt aus der CSU. Parteichef Horst Seehofer bezeichnet die Prämie mal als unsozial und mal als unbezahlbaren „Unsinn“. Dasselbe sagt Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder, was FDP-Vize Ulrike Flach jüngst auf die Palme brachte. „Mit der Dauersöderei wird den Bürgern nicht geholfen.“
Wenn das Konzept der Kommission vorliegt, sieht die FDP Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Pflicht. Dann solle sie die CSU an die Kandare nehmen.