Berlin. .

Nach der DAK hat auch die BKK angekündigt, Leistungen zu streichen, wenn Versicherte den angekündigten Zusatzbeitrag nicht zahlen. Ob sie dazu befugt sind, weiß aber nicht einmal ihr Dachverband. Kassen und Politiker werfen sich gegenseitig Versäumnisse vor.

Die BKK Westfalen-Lippe will den Versicherten die Leistungen auf das medizinisch erforderliche Mindestmaß kürzen, wenn sie trotz Mahnungen den angekündigten Zusatzbeitrag nicht bezahlen. Das sei die Konsequenz, wenn alle anderen rechtlichem Mittel ausgeschöpft seien, sagte Vorstandschef Willi Tomberge dieser Zeitung. Auch die DAK hatte am Mittwoch angekündigt, Leistungen letzten Endes zu reduzieren.

Ob die Krankenkassen dies dürfen, weiß nicht einmal deren oberste Interessenvertretung. „Wir können den Kassen keine Empfehlung geben“, sagte eine Sprecherin des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und sprach von einer Grauzone im Gesetz.

Eindeutige Rechtslage fehlt

Im Sozialgesetzbuch 5 steht zwar geschrieben, dass Krankenkassen Leistungen kürzen dürfen, wenn der Versicherte mit zwei Monatsbeiträgen im Rückstand ist und diesen trotz Mahnschreiben nicht ausgeglichen hat. Ob dies aber auch auf die Zusatzbeiträge trifft, ist aus GKV-Sicht offen. „Es wäre gut, wenn es hier eine eindeutige Lösung gäbe“, sagte die GKV-Sprecherin mit Blick auf die Politik. Eine klare Rechtlage wünscht sich auch die BKK-Gesundheit, die nach Angaben einer Sprecherin vorerst nicht zu Leistungskürzungen greifen will.

Den Drang zum Handeln sieht die FDP-Gesundheitsexpertin Ulrike Flach derzeit nicht. „Das hat sich Frau Schmidt nicht richtig überlegt“, sagte Flach dieser Zeitung und machte damit Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) für die Rechtslücke verantwortlich. „Die Krankenkassen wissen aber seit der Reform durch Ulla Schmidt, was auf sie zukommt“, sagte Flach weiter. In anderen Worten: Die Kassen hätten genug Zeit gehabt, um sich auf die Fragen rund um die Zusatzbeiträge vorzubereiten.

„Asoziale Gesundheitspolitik“

Bei anderen Gesundheitspolitikern sind die Kürzungspläne gestern auf heftige Kritik gestoßen. „Ein solches Vorgehen wäre unverhältnismäßig und nach meiner Einschätzung rechtlich fragwürdig“, sagte der stellvertretende Unionsfraktionschef Johannes Singhammer (CSU), dieser Zeitung. „Das ist ein Skandal“, sagte die Gesundheitsexpertin der Linken, Martina Bunge und sprach von einer „asozialen Gesundheitspolitik“.

„Absoluten Quatsch“, nannte die Sprecherin des Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD), die Kürzungspläne der Kassen. Rein rechtlich sei dies zwar möglich. Gleichwohl stellte sie die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme in Frage.