Berlin. .

Christian Wulff ist als Bundespräsident vereidigt worden. Bundestagspräsident Norbert Lammert nahm dem 51-jährigen Politiker den Eid im Reichstag bei einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat ab. „Ich will helfen, Brücken zu bauen“, kündigte Wulff in seiner Rede nach der Vereidigung an.

Der neu gewählte Bundespräsident Christian Wulff hat in Berlin seinen Amtseid abgelegt. „Ich weiß um die große Verantwortung, die das Amt des Bundespräsidenten mit sich bringt“, sagte Wulff in der gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat. Ausdrücklich dankte Wulff seinem bei der Bundespräsidentenwahl unterlegenen Gegenkandidaten von SPD und Grünen, Joachim Gauck, sowie der Kandidatin der Linken, Luc Jochimsen, für den fairen Wahlkampf.

Wulff will Zusammenwachsen der Gesellschaft fördern

Wulff will das Zusammenwachsen der verschiedenen Teile der Gesellschaft fördern. Deutschlands große Stärke seien seine Bürger, sagte der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident nach seiner Vereidigung. Er wolle Verbindungen schaffen zwischen Jung und Alt, zwischen Menschen aus Ost und West, Einheimischen und Zugewanderten, Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Arbeitslosen, Menschen mit und ohne Behinderung. „Ich will helfen, über all das hinweg Brücken zu bauen“, kündigte der 51-Jährige an.

Es müsse nicht nach dem Trennenden, sondern nach dem Verbindenden gefragt werden, forderte Wulff. „Dann wird Neues, Gutes entstehen - aus urdeutscher Disziplin und türkischem Dribbling zum Beispiel, aus preußischem Pflichtgefühl und angelsächsischer Nonchalance, aus schwäbischer Gründlichkeit und italienischer Lebensart.“

Appell gegen Politikverdrossenheit

An die Parteien appellierte er, mehr gegen Politikverdrossenheit zu tun: „Auch die Bürgerinnen und Bürger, die nicht in Parteien engagiert sind, müssen leicht die Erfahrung machen können, wie spannend die Mitarbeit an politischen Aufgaben sein kann.“

Ein Beispiel für die Suche nach politischen Lösungen sei die Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise. Zu ihrer Bewältigung hätten Gewerkschaften und Unternehmer beigetragen. „Das zeigte, wie gut es ist, miteinander statt gegeneinander zu arbeiten.“ Der Bundespräsident forderte: „Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass sich Krisen diesen Ausmaßes nicht wiederholen.“ Darum sei es wichtig, die Verursacher der Bankenkrise in Haftung zu nehmen und den Finanzmärkten „endlich gute Regeln zu geben“. Das könne nur in europäischer und in internationaler Zusammenarbeit gelingen.

Breiter Rückhalt in der Bevölkerung

Wulff kann seine Amtszeit als zehnter Bundespräsident mit einem breiten Rückhalt in der Bevölkerung beginnen. Im repräsentativen ARD-Deutschlandtrend sagten 72 Prozent der Befragten, sie seien der Ansicht, dass Wulff ein guter Bundespräsident werde. 58 Prozent der Deutschen denken, dass „am Ende mit Wulff der richtige Kandidat gewählt worden ist“. Nur 35 Prozent finden, dass der von SPD und Grünen nominierte Gauck „der bessere Präsident gewesen wäre“. Mehr als drei Viertel der Befragten finden es gut, „dass diesmal ein jüngerer Kandidat in das Amt gewählt wurde“.

Wulff war am Mittwochabend von der Bundesversammlung zum zehnten Staatsoberhaupt der Bundesrepublik gewählt worden. Im dritten Wahlgang entfielen auf ihn 625 von 1.240 gültigen Stimmen. Damit erreichte er die absolute Mehrheit von 623 Stimmen, die er in den ersten beiden Wahlgängen noch verpasst hatte.

Lammert würdigt Köhlers Amtszeit

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat die Arbeit und das große Engagement des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler gewürdigt. In seiner Rede vor der Vereidigung des neuen Bundespräsidenten betonte Lammert, Köhler habe sich in seiner sechsjährigen Amtszeit „den Menschen unverstellt zugewandt“.

Lammert ergänzte, Köhler sei „immer offen für Anregungen“ gewesen. „Er hat die Menschen, ihre Sorgen und Nöte ernst genommen, und sie danken es ihm mit anhaltender Zuneigung.“ Horst Köhler habe das Bild von Afrika in Deutschland verändert, und er habe sehr viel eher als andere kommen sehen, welche Krise sich an den Weltfinanzmärkten zusammenbraute, erklärte Lammert und fügte hinzu: „Und er hat mit deutlichen Worten davor gewarnt“.

„Köhler hat es sich nicht leicht gemacht“

Manche Beobachter habe er damit wie mit anderen Äußerungen überrascht, ja sogar irritiert. „Bundespräsident Horst Köhler hat es sich nicht leicht gemacht und der sogenannten politischen Klasse manchmal auch nicht“, sagte Lammert. „Das hat viel mit der eigenen Beharrlichkeit zu tun. Oft waren es Details aus denen das große Bild entstand, und es waren bisweilen einfache Gesten, die Wirkung hatten.“

Horst Köhler habe sein Amt „ganz sicher nicht leichten Herzens aufgegeben, sondern weil er unter den gegebenen Umständen keine Möglichkeit mehr sah, es so auszuüben, wie es seinen eigenen Ansprüchen entsprach.“ Lammert dankte Köhler und seiner Frau „für alles, was sie beide getan haben für unser Land“. (afp/rtr/ap/apn)