Düsseldorf. Fehlen in NRW tausende Lehrer? Über diese Frage kam es am Donnerstag im Landtag zum Duell zwischen Schulministerin Barbara Sommer (CDU) und ihrer Amtsvorgängerin Ute Schäfer (SPD). Beide wollen ihre schulpolitische Mängelliste im Wahlkampf ausschlachten. Wem gelang es besser?

Alle Zutaten, die eine brisante Mixtur vor Wahlen ausmachen, finden sich in der Debatte: tausende fehlende Lehrer, Unterrichtsausfall, überfüllte Klassen. Schon das erklärt, warum die Fraktionen verbal hochgerüstet haben und sich gegenseitig mit Vorwürfen wie „Wählertäuschung”, „Lügenmärchen” oder „parteipolitischer Kleinkrieg” überziehen. Im Zentrum der Schlacht um die Schule: Ministerin Barbara Sommer (CDU) und Ex-Ministerin Ute Schäfer (SPD). Das Duell der Schulfrauen – mittlerweile ein Klassiker im Landtag.

Am Donnerstag war es die von der SPD vorgelegte Statistik, die Sommer und Schäfer in den direkten Clinch trieb. Auf der Basis offizieller Daten aus dem Schulministerium hat die Opposition ausgerechnet, dass über 4000 Lehrerstellen in NRW unbesetzt sind, sechs Millionen Unterrichtsstunden ausfallen und in 9000 Klassen 30 Schüler oder mehr sitzen. Schäfer kritisiert die „virtuellen Lehrer”, attackiert die über weite Strecken allein auf der Regierungsbank sitzende Ministerin, zielt dabei aber auf den Ministerpräsidenten. Er habe beim Amtsantritt eine „Unterrichtsgarantie” abgegeben und kleinere Klassen versprochen. „Jürgen Rüttgers hat die Menschen im Land getäuscht”, bilanziert Schäfer, ein Jahr vor der Landtagswahl.

Wie die CDU vor vier Jahren will diesmal die SPD ihre schulpolitische Mängelliste im Wahlkampf ausschlachten. Sommer muss um ihre eigenen Zahlen kämpfen. Mehrere tausend Lehrerstellen für Ganztagsunterricht oder die Grundschulreserve habe Schäfer in ihrer Bilanz „trickreich” unterschlagen, wirft sie ihr vor. Während unter der Verantwortung der SPD-Ministerin der Stellenbedarf an den Schulen nur zu 99,5 % gedeckt gewesen sei, betrage die Quote heute 103,5 %. Bis zu den Ferien werde die schwarz-gelbe Regierung 6915 zusätzliche Stellen geschaffen haben.

"Sie machen sich lächerlich"

Längst ist es zwischen den beiden Frauen aus Ostwestfalen mehr als nur ein Kampf um Tabellen und Zahlen. Längst wird es persönlich, ob im Landtagsplenum oder im Schulausschuss. „Sie machen sich lächerlich”, ruft Schäfer, die auch Fraktionsvize der SPD ist, vom Rednerpult der Kontrahentin zu. Sommer keilt zurück, prophezeit ihrer Vorgängerin einen erneuten „Abstieg” und höhnt, sie werde auch in der nächsten Saison – sprich: nach der Landtagswahl – „auf der Reservebank” sitzen. Ob sie selbst dann noch Ministerin ist, gilt allerdings auch nicht als ausgemacht.

Schäfers ministerielle Vergangenheit ist ihr Vorteil und Nachteil zugleich. Sie beherrscht die Gesetzeslage aus dem Effeff, verfügt über gute Drähte ins jahrzehntelang SPD-geführte Schulministerium, ist „politischer” und die bessere Rednerin, obwohl sich Sommer mit viel Geld für ihre teils theatralischen Redeauftritte coachen lässt. Aber Sommer kennt die schulpolischen Versäumnisse genau, die 2005 unter anderem zum Ende von Rot-Grün und damit zur Abwahl Schäfers geführt haben.

Genüsslich erinnert sie an die „dunkle Stunde Ihrer 30-monatigen Amtszeit”, als Schäfer die Streichung von 16 000 Lehrerstellen bis 2013 angekündigt habe. „Sie sind der Grund für mangelnden Lehrernachwuchs”, wirft Sommer ihr vor, damals den Abiturienten vom Lehramtsstudium abgeraten habe. Bei ihrem Amtsantritt im Ministerium habe sie ein einziges „Daten-Chaos” vorgefunden. „Ein System aus dem Mittelalter”, ruft Sommer, „das uns Frau Schäfer hinterlassen hat”.