Düsseldorf. Verbände befürchten einen "sozialen Kahlschlag" durch die neue schwarz-gelbe Bundesregierung. Für Menschen mit geringem Einkommen sei die Grenze des Zumutbaren jedoch bereits überschritten. Die Verbände hoffen darauf, dass Kanzlerin Angela Merkel die FDP zügelt.
Vor einer Politik des „sozialen Kahlschlages" hat die Präsidentin des größten deutschen Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, die neue schwarz-gelbe Bundesregierung gewarnt. Union und FDP beginnen am Montag mit den Koalitionsgesprächen. „Ich setze darauf, dass Bundeskanzlerin Merkel die unsolidarischen Privatisierungspläne der FDP in der Gesundheits- und Pflegepolitik stoppt", sagte Mascher zur WAZ. Schon jetzt hätten viele Menschen den Eindruck, dass es nicht gerecht zugehe. Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) befürchtet eine drastische Verschlechterung der sozialen Sicherungssysteme, wenn umgesetzt werde, „was Repräsentanten der neuen Regierung von sich geben", sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer im WAZ-Gespräch.
Bauer und Mascher beziehen sich unter anderem auf Forderungen führender Politiker aus Union und FDP nach zusätzlicher privater Vorsorge für den Alters-, Krankheits- und Pflegefall. „Eine weitere Privatisierung sozialer Risiken wie Krankheit, Alter und Pflegebedürftigkeit lehnen wir aufs Schärfste ab", so der Präsident des Sozialverbandes in Düsseldorf. „Für Menschen mit geringem Einkommen ist die Grenze des Zumutbaren überschritten." Bauer sieht keinen Spielraum mehr für eine Zusatzbelastung der „kleinen Leute". Schon jetzt schreite die „Drei-Klassen-Medizin mit großen Schritten voran". Kassenpatienten, die gestrichene Leistungen nicht selbst finanzieren könnten, seien Krankenversicherte dritter Klasse.
"Wir beobachten genau, welche Schritte die neue Regierung plant"
VdK-Chefin Mascher sagte, die „soziale Balance" gerate in Gefahr, falls die neue Bundesregierung verstärkt auf die Privatisierung von Leistungen setze. Man könne nicht „Schutzschilde für Banken finanzieren, aber Arbeitnehmer und Rentner immer stärker belasten", so SoVD-Präsident Bauer. Noch wollten die Sozialverbände die Bevölkerung nicht zu Protesten mobilisieren. „Aber wir beobachten genau, welche Schritte die neue Regierung plant", so Bauer. NRW-Sozialminister Laumann (CDU) mahnte zur Mäßigung. Man dürfte nicht jede Form einer privaten Beteiligung an Sicherungssystemen „als Verrat an der Sozialpolitik ansehen".
Jeder dritte Bundesbürger rechnet laut ZDF-Politbarometer mit Einschnitten im Sozialbereich. Unionsfraktionschef Kauder geht davon aus, dass die Gespräche mit der FDP im Oktober abgeschlossen werden.