Düsseldorf. Die EU hat einen Asylkompromiss gefunden, aber in NRW hält sich die Freude darüber in Grenzen. Die Ministerin hat humanitäre Bedenken.
Zurückhaltend reagieren die Landesregierung und die NRW-Städte auf die Verständigung innerhalb der Europäischen Union auf eine Verschärfung der Asylvorschriften.
NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) zeigte sich am Mittwoch zwar zufrieden damit, „dass wir einem verbindlichen Solidaritätsmechanismus ein Stück näherkommen und auch Länder, die nicht bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen, einen wesentlichen finanziellen Beitrag leisten müssen.“
NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne): Lage an den Außengrenzen ist unerträglich“
Es sei aber bedauerlich, dass Kinder und Familien nicht von den Asylverfahren an den EU-Außengrenzen ausgenommen werden sollen. Die Situation an den Außengrenzen sei „unerträglich“, kritisierte Paul. Humanität und die Steuerung des Zuzugs von Geflüchteten müsste Hand in Hand gehen.
Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sieht im Kern schärfere Regeln, Asylverfahren an den Außengrenzen sowie einen Solidaritätsmechanismus zwischen den EU-Staaten vor, um Länder wie Italien und Griechenland, die besonders viele Geflüchtete aufnehmen, zu entlasten.
Asyl: Darauf verständigt sich die EU
Die Asylvorschriften in der EU werden deutlich verschärft. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments final auf entsprechende Gesetzestexte.. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen.
Vorgesehen sind künftig einheitliche Grenzverfahren an den Außengrenzen. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können. Asylanträge sollen künftig schneller bearbeitet werden. Ankommende Menschen können dem Vorhaben zufolge mit Fingerabdrücken und Fotos registriert werden, um zu überprüfen, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind. Abgelehnte Asylbewerber sollen künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden.
Asylbewerber mit geringer Bleibechance sollen direkt von den EU-Außengrenzen abgeschoben werden, die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern in Drittstaaten soll erleichtert werden. Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD) sowie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) lobten den Kompromiss.
Städtetag NRW rechnet nicht mit einem schnellen Rückgang der Flüchtlingszahlen
Der Vize-Vorsitzende des Städtetages NRW und Bochumer Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) begrüßte die Einigung. „Es wäre aber ein Trugschluss zu glauben, dass die Asylreform kurzfristig die Situation in den NRW-Städten verändert“, sagte er dieser Redaktion.
Das Land NRW und der Bund seien trotz der EU-Einigung weiter in der Pflicht, die Städte in NRW bei Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten stärker zu entlasten. Nötig seien mehr Plätze in den Landeseinrichtungen. Die Städte müssten auch deutlich mehr Geld für die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten erhalten, so Eiskirch.
Flüchtlingsrat NRW: „EU-Asylreform ist erschütternd“
„Erschütternd“ nennt Birgit Naujoks, Vorsitzende des Flüchtlingsrates NRW, den Asylkompromiss. „Die EU ist damit endgültig kein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mehr. Die Vorstellung, dass die geplanten Reformen menschenrechtskonform umgesetzt werden könnten, entbehrt jeder Grundlage, man könnte auch sagen, sie ist völlig absurd“, meint Naujoks.
Schon jetzt würden an den Grenzen und innerhalb der EU täglich Menschenrechte verletzt. Diese Situation werde sich wohl weiter verschlimmern und teilweise sogar systematisch gesetzlich festgeschrieben. „Flüchtlingsschutz bedeutet nicht, uns vor Flüchtlingen zu schützen, sondern den Menschen, die Schutz suchen, ohne Wenn und Aber Schutz zu gewähren“, betonte Naujoks.
Scharf kritisiert der Flüchtlingsrat die Diskussion über eine Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten, zum Beispiel Ruanda. Dies hatte vor allem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ins Gespräch gebracht.
Die Grüne Jugend NRW warnt vor drastischen Einschnitten ins Asylrecht.
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