Düsseldorf. Sie sind gegen “Abschieberhetorik“ und werfen der Regierung vor, die Zukunft “kaputtzusparen“. So argumentiert die Grüne Jugend NRW.
- Die Grüne Jugend NRW hat eine neue Doppelspitze: Vivianne Schwedersky (22) aus Münster und Laura Alderath (22) aus Duisburg.
- Der Grünen-Nachwuchs ist auch ein Stachel im Fleisch von Schwarz-Grün. Er meint, die Grünen müssten wieder sozialer werden.
- Schwedersky und Alderath sind entschieden gegen "Abschieberhetorik" und fordern Hilfe, damit die Städte in NRW Geflüchtete besser unterbringen und integrieren können.
Eine Doppelspitze aus Frau und Mann ist in der Politik nichts Besonderes mehr, aber ein weibliches Spitzenduo ist eher selten. Seit dem Wochenende führen Vivianne Schwedersky (22) aus Münster und Laura Alderath (22) aus Duisburg die Nachwuchsorganisation der Grünen in NRW. Die Erklärung: In ihrer feministischen Partei muss eine der beiden Spitzenpositionen von einer Frau besetzt sein, auf die andere kann eine Frau gewählt werden. Schwedersky und Alderath sind an der Spitze der Grünen Jugend NRW die Nachfolgerinnen von Nicole Dichant und Renas Sahin.
Grüne Jugend NRW: "Sind nicht sehr zufrieden mit der Landesregierung"
Weitgehend „geräuschlos“ wird NRW seit eineinhalb Jahren von einem schwarz-grünen Bündnis regiert. Die Chemie zwischen Ministerpräsiden Hendrik Wüst (CDU) und seiner Stellvertreterin Mona Neubaur (Grüne) scheint zu stimmen, und wenn man sie fragen würde, ob die Scheidung von CDU und Grünen in Hessen einen Schatten auf die NRW-Landesregierung werfe, dann wäre die Antwort ein klares Nein. Sogar die „Sonntagsfrage“ strahlt über der NRW-Landesregierung: Laut einer Infratest-Umfrage für den WDR würden die Partner heute ein ähnlich gutes Ergebnis erzielen wie bei der Wahl im Mai 2022. Ist die Harmonie also perfekt?
Das, was die neuen Landessprecherinnen der Grünen Jugend NRW, Vivianne Schwedersky und Laura Alderath, über Schwarz-Grün sagen, lässt aufhorchen. Denn unter den Nachwuchs-Grünen damit auch in Teilen der grünen Basis geht die „Zukunftskoalition“ höchstens als Zweckbündnis durch.
„Laut der jüngsten Infratest-Umfrage des WDR schneiden CDU und Grüne zwar in der Sonntagsfrage gut ab, aber sind 41 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in NRW sind unzufrieden mit Schwarz-Grün. Auch wir sind nicht sehr zufrieden mit dieser Landesregierung“, sagt Laura Alderath dieser Redaktion.
Grüne Jugend NRW: Licht und Schatten in der NRW-Landesregierung
Der Grünen-Nachwuchs lobt zwar den Ausbau der Windenergie, den vorgezogenen Kohleausstieg und das Dringen der Grünen auf eine Altschuldenlösung für die Städte in NRW. Gleichzeitig kritisiert er den Investitionsstau: Die Städte würden bei der Finanzierung der Unterbringung und Integration von Geflüchteten nicht ausreichend unterstützt. Jede zweite Schule in NRW sei sanierungsbedürftig, das Gesundheitssystem werde „kaputtgespart“, und auf einen Kita-Platz müssen man oft lange warten. „Es braucht endlich eine Politik, die die sozialen Fragen in den Fokus stellt“, mahnt Alderath.
Während die Grünen bundesweit und in NRW inzwischen vor allem als bürgerliche Partei wahrgenommen werden, getragen von gut verdienenden und gut ausgebildeten Wählerinnen und Wählern, wünscht sich die Grüne Jugend eine entschieden soziale Partei. Vivianne Schwedersky beteuert, die Nachwuchs-Grünen seien „eine starke Stimme für soziale Gerechtigkeit“. Soziales und Klimaschutz gehörten zusammen. „Klimaschutz darf nicht auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit gehen“, sagt sie.
Grüne Jugend: Zukunft wird unter den Zwängen der Schuldenbremse kaputtgespart
Mit Laura Alderath ist sich Schwedersky sich einig, dass Schwarz-Grün in NRW unter seinen Möglichkeiten bleibe: Es werde viel zu wenig in bezahlbare Wohnungen, in Schienen und Brücken, in die Bildung, in den Kampf gegen die Klimakrise investiert. „Was macht die Landesregierung?“, fragt Schwedersky. „Sie stellt einen Sparhaushalt auf. Unsere Zukunft wird also unter den Zwängen der Schuldenbremse kaputtgespart.“
Noch etwas irritiert und erzürnt die Grüne Jugend: Die Diskussion über die Begrenzung der Zuwanderung. „Plumpe Abschieberhetorik und die Aushöhlung des Rechts auf Asyl ist keine Lösung für die Zuwanderungspolitik“, meint Schwedersky. „Das Recht auf Asyl ist unverhandelbar“, betont Alderath.
Grüne Jugend NRW: Recht auf Asyl ist unverhandelbar
„Die Abschieberhetorik, die aus der CDU und sogar vereinzelt von Grünen zu hören ist, ist erschreckend. Wenn sich Hendrik Wüst hinstellt und in diesen Tagen davon spricht, dass die Integration von Geflüchteten gescheitert sei, dann heißt es doch eigentlich nichts anderes, als dass die Asylpolitik der CDU gescheitert ist“, kritisiert Alderath. Die Landesregierung solle sich besser auf die Integration von Geflüchteten konzentrieren.
Prägnant ist die Grüne Jugend in NRW auch, wenn es um den Nahostkonflikt geht. Während Teile der politischen Linken in Deutschland Solidarisierungs-Signale mit den Palästinensern senden, bleiben Schwedersky und Alderath an dieser Stelle klar: „Die Hamas ist eine islamistische Terrororganisation, die frauen- und queerfeindlich ist und Israel sowie Jüdinnen und Juden weltweit vernichten will.“
Grüne Jugend NRW: Azubis nicht wie billige Arbeitskräfte behandeln
Die Grüne Jugend NRW kritisiert die zum Teil prekäre Lage vieler Auszubildenden im Land. Sie litten besonders unter Inflation und Wohnungsnot. Laura Alderath sagt dazu: „Die Mindestausbildungsvergütung und die durchschnittlichen Azubi-Gehälter sind viel zu niedrig. Davon kann man vielleicht die Miete bezahlen, aber darüber hinaus praktisch nichts. Wenn wir dem Fachkräftemangel entgegnen wollen, kann es nicht sein, dass wir Azubis wie billige Arbeitskräfte behandeln.“