Düsseldorf. In 130 Kommunen geht die NRW-Kommunalwahl in die Verlängerung. Am häufigsten in der Stichwahl am 27. September vertreten ist die CDU.
Nach der NRW-Kommunalwahl vom 13. September steht in 130 Kreisen, Städten und Gemeinden am 27. September eine Stichwahl an. Es geht um die Chefposten in fast 120 Rathäusern und bei elf Kreisverwaltungen. Dies zeigen Recherchen dieser Redaktion basierend auf Daten des Landesamts für Statistik, IT NRW.
In insgesamt 15 Großstädten, elf Landkreisen und 105 kreisangehörigen Städten in NRW sind die Wählerinnen und Wähler am Sonntag, 27. September, zur Stichwahl aufgerufen.
Stichwahlen: Über 100 Kandidaten von der CDU
Gemessen an der Zahl der örtlichen Kandidatinnen und Kandidaten in der Stichwahl, hat die CDU landesweit die Nase vorn: Mehr als 100 kommen aus den Reihen der Christdemokraten, oder werden von der örtlichen Partei unterstützt. Mehr als 80-mal hat die SPD noch ihre ‘Karten’ im Spiel um Bürgermeister oder Landrat. In 16 Kommunen sind die Grünen im Rennen, davon in drei Großstädten. Landesweit fast 40-mal stehen örtliche Einzelbewerber in der Stichwahl, lokale Parteien sind siebenmal vertreten, die FDP steht NRW-weit fünfmal in einer Stichwahl um ein Bürgermeisteramt.
Mitunter lagen im ersten Wahlgang zwischen den Bewerbern nur wenige Stimmen: In Euskirchen etwa trennten CDU-Kandidatin Christina Loeb und SPD-Bewerber Sacha Reichelt nur elf Stimmen. In Blomberg im Kreis Lippe wiederum war SPD-Bewerber Christoph Dolle nur 0,23 Prozent von der absoluten Mehrheit der Stimmen entfernt, die eine Stichwahl erspart hätte.
Am meisten dürfte die Stichwahl am 27. September in den Großstädten die Aufmerksamkeit auf sich ziehen:
Stichwahl in Düsseldorf: Treibt die CDU den SPD-OB aus dem Amt?
In Düsseldorf muss Amtsinhaber Thomas Geisel (SPD) (Info hier) um seine Wiederwahl bangen. CDU-Herausforderung Stephan Keller, bis dato Stadtdirektor in Köln und bis 2016 unter Geisels Amtsführung Verkehrs- und Ordnungsdezernent in Düsseldorf, hatte im ersten Wahlgang mit 34,2 Prozent der Stimmen gar vor Geisel gelegen, der auf 26,3 Prozent kam (Infos hier). Der ausgeschiedene Linken-Kandidat Udo Bonn hat inzwischen für Geisel Partei ergriffen, und empfiehlt Linken-Wählern, in der Stichwahl Geisel zu unterstützen (Info hier).
Offen war zuletzt, ob und wie sich die Grünen in der Stadt positionieren werden. Deren OB-Kandidat Stefan Engstfeld kam bei der Kommunalwahl auf 17,4 Prozent der Stimmen. FDP-Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach nur 12,4 Prozent der Stimmen am Wahlsonntag reichlich verärgert.
Köln: Kein Amtsbonus für Henriette Reker
In Köln erreichte die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker zwar 45,1 Prozent; doch Umfragen hatten der 63-Jährigen zuvor mehr als 60 Prozent der Stimmen in Aussicht gestellt. Sie muss sich am 27. September dem SPD-Landtagsabgeordneten Andreas Kossiski in der Stichwahl stellen. Er kam am Wahlsonntag auf 26,8 Prozent der Stimmen. Reker wird von CDU und Grünen in Köln unterstützt.
Gelsenkirchen: SPD will OB-Posten verteidigen
Bei der Oberbürgermeisterwahl in Gelsenkirchen hatte keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht. Stadtdirektorin Karin Welge (SPD) sammelte 40,4 Prozent der Stimmen. CDU-Kandidat Malte Stuckmann, ein Rechtsanwalt, holte 25,1 Prozent. Der bisherige Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) hatte das Amt seit 2004 inne und war nicht wieder angetreten.
Mülheim: CDU und SPD fast gleichauf im ersten Wahlgang
Bei der Oberbürgermeisterwahl in Mülheim/Ruhr war das Ergebnis knapp: CDU-Kandidat Marc Buchholz, bisher Dezernent für Bildung, Gesundheit und Kultur in der Stadt, kam auf gut 25,4 Prozent. Für die SPD-Kandidatin Monika Griefahn, ehemalige niedersächsischen Umweltministerin, stimmten knapp 25,3 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Mülheims bisheriger OB Ulrich Scholten (SPD) war nicht wieder angetreten.
Oberhausen: Erobert die SPD die Rathaus-Spitze zurück?
In Oberhausen muss CDU-Stadtoberhaupt Daniel Schranz überraschend ebenfalls in die Stichwahl. 2015 hatte er nach 60 Jahren die SPD-Dominanz an der Rathaus-Spitze gebrochen. Doch trotz seines Amtsbonus und, laut Beobachtern, gutem Corona-Krisenmanagement, konnte er im ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit der Stimmen gewinnen. Er tritt am 27. September gegen SPD-Kandidat Thorsten Berg an.
Dortmund: CDU-Kandidat macht sich Hoffnung auf OB-Posten
In Dortmund wiederum steht der bisherige OB Ullrich Sierau (SPD) vor dem Ende seiner Amtszeit. Ob der Nachfolger aber wieder von der SPD kommt, muss sich am 27. September erst noch entscheiden. In der Stichwahl sind SPD-Bewerber Thomas Westphal, bisher Chef der städtischen Wirtschaftsförderung. Und der aus Altena hinzugeworbene dortige frühere CDU-Bürgermeister Andreas Hollstein (Info hier). Er gewann im ersten Wahldurchgang am 13. September 25,9 Prozent der Stimmen, Westphal kam auf 35,9 Prozent.
Ginge Dortmund an die CDU (Info hier), wäre damit die Niederlage der SPD bei der Kommunalwahl 2020 noch ein Stück erniedrigender: Seit der Nachkriegszeit hat die SPD bis dato in Dortmund ununterbrochen den Oberbürgermeister gestellt und war ebenso stark bei Landtags- und Bundestagswahlen. Mit dem Verschwinden von Kohle und Stahl sind Wahlergebnisse von mehr als 50 Prozent aber für die SPD längst nicht mehr Alltag.
Stichwahl: ‘Frischer Wind’ in Hamm?
In Hamm wiederum hat sich Amtsinhaber Tomas Hunsteger-Petermann auch nach 21 Jahren als Bürgermeister erneut um seine Wiederwahl beworben, es wäre seine fünfte Amtszeit. Doch im ersten Wahlgang wurde das am 13. September noch nichts. Das CDU-Stadtoberhaupt verpasste die absolute Mehrheit deutlich und kam auf 37,41 Prozent. Er tritt dort am 27. September gegen SPD-Herausforderer Marc Herter an. Für den 46-Jährigen hatten 40,67 Prozent der Wählerinnen und Wähler gestimmt.
SPD muss in Bielefeld um OB-Posten bangen
Auch in Bielefeld muss ein Amtsinhaber in die Stichwahl: OB Pit Clausen (SPD) kam am 13. September auf 39,63 Prozent der Stimmen. Er tritt nun am 27. September gegen CDU-Herausforderer Ralf Nettelstroth an, der auf 29,32 Prozent kam.
Grünen-Kandidatin in Wuppertal vor CDU
In vier NRW-Großstädten können sich unterdessen die Grünen Hoffnungen aufs OB-Amt machen. In Aachen kommt es zur Stichwahl zwischen der parteilosen, aber von den Grünen unterstützten Kandidatin Sibylle Keupen. Sie lag mit 38,9 Prozent der Stimmen mehr als 14 Prozentpunkte vor CDU-Kandidat Harald Baal (24,8 Prozent). Aachens bisheriges Stadtoberhaupt Marcel Philipp war bei der Wahl nicht mehr angetreten. Insgesamt gab es in Aachen sogar elf OB-Kandidatinnen und Kandidaten.
Wuppertal: SPD-Oberbürgermeister muss Rückstand aufholen
In Wuppertal muss der bisherige Amtsinhaber Andreas Mucke (SPD) bei der Stichwahl gegen Grünen-Herausforderer Uwe Schneidewind antreten, der Chef des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie war. Mucke lag im ersten Wahlgang mit 37,0 Prozent hinter Schneidewind, der 40,8 Prozent der Stimmen bekam und auch von der örtlichen CDU unterstützt wird. Mucke ist seit 2015 im Amt, damals nach der Stichwahl gegen den damaligen CDU-OB Peter Jung.
Bonn: Chancen für Grünen-Kandidatin
Auch in Bonn sind die Grünen am 27. September in der Stichwahl: Mit 27,59 Prozent der Stimmen landete die Grünen-Kandidatin und Bundestagsabgeordnete Katja Dörner auf dem zweiten Platz hinter CDU-Amtsinhaber Ashok-Alexander Sridharan. Er erhielt im ersten Wahldurchgang 34,46 Prozent der Stimmen. Sridharan wiederum hatte 2015 nach mehr als 20 Jahren die SPD-Dominanz an der Rathausspitze durchbrochen. Mit ihm wurde zudem erstmals ein CDU-Politiker mit Migrationshintergrund Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt.
Münster: CDU-Amtsinhaber verpasste die absolute Mehrheit
Markus Lewe, seit 2009 Oberbürgermeister von Münster, hatte am 13. September ebenfalls die direkte Wiederwahl verpasst. 2015 hatte er noch 60 Prozent der Stimmen erreicht, diesmal waren es 44,55 Prozent. In der Stichwahl muss er sich mit Peter Todeskino von den Grünen messen, der 28,47 Prozent der Stimmen erzielte.
Stichwahl in Mönchengladbach: Jung gegen arriviert
Für eine Überraschung sorgte auch Felix Heinrichs, SPD-Kandidat bei der OB-Wahl in Mönchengladbach. Der 31-Jährige lag mit 37,48 Prozent der Stimmen deutlich vor dem CDU-Herausforderer, Landtagsabgeordneter Frank Boss. Der 59-Jährige kam auf 29,62 Prozent der Stimmen. Amtsinhaber Hans Wilhelm Reiners (CDU) war nicht mehr zur Wahl angetreten.
Stichwahl auch in elf Landkreisen in NRW
Von den 54 Landkreisen in NRW wird es am 27. September in elf Kreisen in die Verlängerung gehen. Im Kreis Kleve (Infos hier) sind die CDU-Politikerin Silke Gorißen (Infos hier), die 48,68 Prozent der Stimmen bekam, und der unabhängige Kandidat Peter Driessen (24 Prozent) in der Stichwahl. Der bisherige Landrat, Wolfgang Spreen (CDU), war nicht mehr angetreten.
Weitere Stichwahlen um den Chef der jeweiligen Kreisverwaltung gibt es in den Kreisen Euskirchen (SPD/CDU), Lippe (SPD/CDU), Märkischer Kreis (CDU/SPD), Minden-Lübbecke (CDU/SPD), Rhein-Erft-Kreis (CDU/SPD), Rhein-Kreis-Neuss (CDU/SPD), Kreis Recklinghausen (SPD/CDU) (Infos hier) , Steinfurt (CDU/Einzelbewerber), Unna (SPD/CDU) und Wesel (SPD/CDU) (Infos hier) .
Von den kreisangehörigen Städten kommt es am 27. September zur Stichwahl um das Bürgermeisteramt unter anderem in Gladbeck (Infos hier), Moers (Infos hier), Witten (Infos hier), Dinslaken (Infos hier), Emmerich (Infos hier), Hattingen (Infos hier), Schwelm (Infos hier), Neukirchen-Vluyn (Infos hier), Sundern (Infos hier), Gladbeck (Infos hier), Fröndenberg (Infos hier), Kleve (Infos hier), Velbert und Xanten.
Schwarz-gelbe Landesregierung wollte Stichwahl abschaffen
Die Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl 2020 lag nach Angaben des NRW-Innenministeriums mit 51,9 Prozent zwar etwas über der Beteiligung von 2014 (50 Prozent), blieb aber weit hinter den Werten früherer Jahrzehnte zurück. 1975 hatte die Wahlbeteiligung mit 86,4 Prozent einen Höhepunkt erreicht.
Bei Stichwahlen wird im allgemeinen mit einer niedrigeren Wahlbeteiligung als bei der Kommunalwahl gerechnet. Dass es überhaupt eine Stichwahl gibt, geht auf die Entscheidung des NRW-Verfassungsgerichtshofes vom Dezember 2019 zurück. CDU und FDP im Landtag hatten die Stichwahl abgeschafft; Grüne und SPD hatten dagegen geklagt.
Die gesamte Übersicht zu allen Gemeinden in NRW von Ahaus bis Würselen findet sich beim Landesamt für Statistik, IT NRW. (externer Link)