Berlin/Düsseldorf. Die Behörden nehmen die jüngsten Terrordrohungen gegen Deutschland offenbar sehr ernst: Zum einen durchsuchte die Polizei jetzt mehrere Wohnungen verdächtiger Islamisten, unter anderem in Düsseldorf, Bonn und Köln. Zum anderem gilt für das Oktoberfest nun ein Überflugverbot.

Angesichts der Drohungen von Al Kaida und Taliban, im Umfeld der Bundestagswahl einen Anschlag zu verüben, geht die Polizei verstärkt gegen militante Islamisten vor. So seien bereits am Mittwoch 19 Wohnungen mutmaßlicher Islamisten in fünf Bundesländern durchsucht worden. Das berichtet die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung» unter Bezug auf Sicherheitskreise.

Die Aktion habe sich gegen eine Gruppe deutscher Konvertiten gerichtet. Sie würden verdächtigt, für ein islamistisches Zentrum im Jemen zu werben, das enge Kontakte zu Al Kaida unterhalten soll.

Die Polizei durchsuchte laut «F.A.S.» Wohnungen in Südbayern, Stuttgart, Köln, Bonn, Düsseldorf, Wiesbaden, Darmstadt, Eschborn und in Eckernförde bei Kiel.

Flüge über Oktoberfest verboten

Unterdessen ist offenbar aus Sorge vor einem Terroranschlag für das Münchner Oktoberfest ein Überflugverbot verhängt worden. Das bayerische Innenministerium teilte am Samstag mit, es habe das Verbot beim Bundesinnenministerium beantragt. In Videos hatten Al-Kaida und zuletzt auch die Taliban mit Vergeltungsschlägen in Europa und vor allem Deutschland gedroht.

Auslöser für das Flugverbot über dem traditionsreichen Volksfest in München war offenbar ein größeres Werbeflugzeug, das am Donnerstag über der Stadt kreiste und zur Beunruhigung bei Wiesn-Besuchern führte. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann erklärte daraufhin: «Eine Flugverbotszone erscheint uns aufgrund der aktuellen Sicherheitslage für geboten. Die Anordnung gilt ab sofort bis zum Ende des Oktoberfests.»

"Versuch der Einflussnahme auf die Wahlen"

Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Konrad Freiberg, rief die Bevölkerung zur Aufmerksamkeit auf. Im Deutschlandradio Kultur sagte er, die Menschen sollten sich keine Angst machen lassen. Die Terroristen «dürfen ihre Ziele nicht erreichen, auch durch Drohungen nicht». Wichtigste Waffe im Kampf gegen den Terrorismus sei «die Aufmerksamkeit der Bürger».

Der GdP-Chef erklärte, in Deutschland bestehe eine Terrorgefahr. «Das wissen wir alle, und natürlich muss man auch damit rechnen, dass wir nicht verschont werden.» Die Sicherheitsbehörden täten jedoch «alles, was menschenmöglich ist».

Auch der SPD-Innenminister Thomas Oppermann rief zur Aufmerksamkeit auf und sprach von einer «erhöhten Gefahrenlage». Der «Welt am Sonntag» sagte Oppermann, er könne keine neue Qualität in den Terrordrohungen erkennen. «Aber es wird offenkundig versucht, Einfluss auf die Wahlen zu nehmen.»

Fotos vom Brandenburger Tor und Kölner Dom

Am Freitag war zunächst eine Audiobotschaft von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden bekanntgeworden, in der er Europäern wegen ihres Engagements in Afghanistan mit Vergeltung droht. In dem Film, in dem nur ein Foto bin Ladens abgebildet ist, heißt es, wegen ihrer Allianz mit den USA trügen die Europäer eine Mitschuld an den tödlichen Luftangriffen der NATO auf Zivilpersonen in Afghanistan. Die Europäer müssten sich aus Afghanistan zurückziehen.

Außerdem tauchte ein Video der Taliban auf, in dem mit Anschlägen in Deutschland gedroht wird. Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Stefan Paris, sagte, es sei weiter von einer abstrakten und nicht von einer konkreten Terrorgefahr auszugehen. Der Film der Taliban sei in deutscher Sprache gehalten. Es gebe eine abstrakte Bedrohung Deutschlands sowie Rekrutierungs- und Radikalisierungsbotschaften. «Wir nehmen das Video sehr ernst», erklärte Paris am Freitagabend.

Das Taliban-Video wird laut «Spiegel Online» vom Bundeskriminalamt nach erster Analyse als authentisch eingeschätzt. Darin sage ein Kämpfer namens «Ajjub»: «Erst durch euren Einsatz hier gegen den Islam wird ein Angriff auf Deutschland für uns Mudschahedin verlockend.» Dazu würden Fotos vom Brandenburger Tor, dem Hauptbahnhof in Hamburg, dem Oktoberfest, dem Kölner Dom und der Frankfurter Skyline eingeblendet. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsminister Franz-Josef Jung würden ebenfalls gezeigt, hieß es weiter.

Zuvor war zudem ein weiteres Al-Kaida-Video des Bonner Terroristen Bekkay Harrach bekanntgeworden. Es war seine dritte Terrordrohung innerhalb von sieben Tagen. (ap/afp)