Berlin. Die Sicherheitsbehörden gehen von "einer erhöhten Gefährdungslage" aus, nachdem am Freitag ein neues Terrorvideo ins Internet gestellt wurde. An Bahnhöfen und Flughäfen kontrolliert die Bundespolizei verschärft. In dem Video wird mit einem "bösen Erwachen" nach der Bundestagswahl gedroht.

Nach dem Auftauchen eines neuen Terrorvideos kurz vor der Bundestagswahl sind die Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland verschärft worden. Bund und Länder erhöhten seit Freitag bis auf weiteres die Polizeipräsenz vor allem an Flughäfen und Bahnhöfen. In dem am Freitag ins Internet gestellten Video droht offenbar erneut der Bonner Islamist Bekkay Harrach mit Anschlägen nach der Wahl, falls die deutschen Soldaten nicht aus Afghanistan abgezogen werden.

Experten sehe keine konkrete Anschlagsdrohung

Sicherheitskreise sehen das Video nach Informationen der Nachrichtenagentur AP nach ersten Einschätzungen aber nicht als konkrete Anschlagsdrohung, sondern gehen von einer allgemeinen Drohung im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr aus.

Auf Bahnhöfen und Flughäfen patrouilliert die Bundespolizei nun auch mit Maschinenpistolen. Das Bundesinnenministerium erklärte, man gehe von einer erhöhten Gefährdungslage aus und habe die Sicherheitsmaßnahmen angepasst. «Die seit Jahresbeginn verstärkt auch unmittelbar gegen Deutschland gerichteten Drohungen von Al Kaida und anderen islamistischen Organisationen erreichen eine neue Qualität», heißt es auf der Homepage des Ministeriums. «Die Bundestagswahl bietet dabei einen besonderen Ansatz für propagandistische und operative Handlungen terroristischer Gruppierungen.»

"Böses Erwachen" nach der Wahl angedroht

Laut Bundesanwaltschaft zeigt das Video mit hoher Wahrscheinlichkeit den Bonner Islamisten Bekkay Harrach alias Abu Talha, der bereits Anfang des Jahres in einem gegen Deutschland gerichteten Terror-Video auftauchte. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Laut Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt wird das Video derzeit noch ausgewertet.

In dem Video droht der Sprecher mit Anschlägen in Deutschland, wenn nach der Wahl nicht die Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan abgezogen würden. «In einer Demokratie kann nur das Volk seine Soldaten nach Hause zurückbeordern», erklärt er. Sollte das Volk aber die Parteien nicht zu einem Abzug der Bundeswehrsoldaten bewegen können, «dann wird es nach den Wahlen ein böses Erwachen geben». Die Muslime in Deutschland fordert der Sprecher auf, «in den zwei Wochen nach den Wahlen von allem, was nicht lebensnotwendig ist, fernzubleiben». Allein die Stadt Kiel werde sicher sein, heißt es den Angaben zufolge es in dem Video.

"Die Bundestagswahl ist die einzige Möglichkeit des Volkes, die Politik des Landes zu gestalten», zitiert das ARD-Hauptstadtstudio aus dem Video, in dem konkret der Bundeswehreinsatz in Afghanistan genannt wird. «Entscheidet das Volk sich jedoch für eine Fortsetzung des Krieges, hat es sein eigenes Urteil gefällt.» Weiter heißt es demnach in der Propagandabotschaft des gebürtigen Marokkaners: «Mit Abzug des letzten deutschen Soldaten wird auch der letzte Mudschaheddin aus Deutschland abgezogen.»

Auszüge aus dem El-Kaida-Drohvideo im Wortlaut

Es folgen Ausschnitte aus dem Redetext des deutschsprachigen Islamisten «Abu Talha» im Wortlaut; das Video wurde AFP von dem auf islamistische Websites spezialisierten US-Institut IntelCenter zur Verfügung gestellt.

BEDEUTUNG DER BUNDESTAGSWAHL FÜR AFGHANISTAN:

  • "Sollte das deutsche Volks seine zur Auswahl stehenden Parteien mehrheitlich nicht dazu bewegen wollen, seine Soldaten aus Afghanistan abzuziehen, dann wird es nach den Wahlen ein böses Erwachen geben.»
  • "In einer Demokratie geht jede Gewalt vom Volke aus, auch die Gewalt gegen die afghanische Zivilbevölkerung.»
  • "In einer Demokratie kann nur das Volk seine Soldaten zurückbeordern. Entscheidet das Volk sich für eine Fortsetzung des Krieges (in Afghanistan), hat es sein eigenes Urteil gefällt. Die Bundestagswahl ist die einzige Möglichkeit des Volkes, die Politik des Landes zu gestalten. (...) Mit Abzug des letzten deutschen Soldaten wird auch der letzte Mudschahedin aus Deutschland abgezogen.»

ANSCHLAGSGEFAHR IN DEUTSCHLAND:

  • "Deutschland hat ein großes Sicherheitsproblem. (...) Auf die Sauerland-Zelle sind sie nur nach einem Hinweis von den Amerikanern gekommen. Die Amerikaner können den Deutschen nicht immer helfen, und die deutschen Sicherheitsddienste schon gar nicht. Die Bundesregierung nimmt die Bedrohung durch die El Kaida leider nicht ernst genug.»
  • "Den Muslimen in Deutschland sage ich: El Kaida bittet Euch - sofern das deutsche Volk sich nicht für den Abzug seiner Soldaten aus Afghanistan entscheidet - in den zwei Wochen nach den Wahlen von allem, was nicht lebensnotwendig ist, fernzubleiben. Behaltet in dieser Zeit bitte eure Kinder in eurer Nähe.»
  • "Die Stadt Kiel bleibt - unabhängig davon, wie lange der Konflikt in Deutschland dauert - eine sichere Stadt. Dafür stehe ich mit meinem Namen.»

KRITIK AN DEUTSCHEN POLITIKERN:

  • "Was kommt nun auf das deutsche Volk zu? Die Antwort auf diese Frage hängt vom Wahlausgang ab. (Sollte Merkel wiedergewählt werden), dann sieht es für das deutsche Volk bitter aus. Ich darf das deutsche Volk wohl an Merkels Haltung zum Irak-Krieg erinnern. Die Stimme des deutschen Volkes erteilte dem Irak-Krieg mehrheitlich eine klare Absage. Dessen ungeachtet blieb Merkel der Aggressionspolitik der Konservativen gegen den Irak treu.»
  • "Frau Merkel, welche logische Konsequenz ergab sich denn aus der Unterstützung der britischen und spanischen Konservativen für den Irak-Krieg?»
  • "Zu berücksichtigen ist, dass die Mehrheit des deutschen Volkes für einen Abzug ihrer Besatzungstruppen aus Afghanistan ist. Und überhaupt nicht zu vergessen ist das klare Nein des deutschen Volkes zum Irak-Krieg. Aus diesem Grund gibt El Kaida dem deutschen Volk die Möglichkeit, das Bevorstehende in Deutschland zu verhindern. Dann wird El Kaida mit dem deutschen Volk den Weg gehen, den Steinmeier im Atomstreit mit dem Iran für unvermeidlich hält. Der Außenminister bekräftigte, ohne eine militärische Option kann man in einer Demokratie nicht den nötigen Druck erzeugen.»
  • "Die Grünen glaubten, (...) für den größten Nicht-EU-Einsatz der deutschen Nachkriegsgeschichte reif zu sein. (...) Das Gefühl, zum ersten Mal auf der Gewinnerbank im Bundestag zu sitzen, war es offenbar wert, auf hochgelobte Werte mit Füßen zu treten». (afp/ap)