Brüssel. Hoffnungen, der Europäische Menschengerichtshof werde das Schweizer Minarett-Verbot kippen, haben einen Dämpfer erlitten. Entscheidungen eines ganzen Volkes seien noch nie angefochten worden, so der Präsident des Straßburger Gerichts.
Hoffnungen, der Europäische Menschengerichtshof werde das Schweizer Minarett-Verbot kippen, haben einen Dämpfer erlitten. Jean-Paul Costa, der Präsident des Straßburger Gerichts, sagte in Brüssel: „Es wäre das erste Mal, dass ein Referendum - die Entscheidung eines ganzen Volkes – angefochten würde.“ Die Zweifel, ob das juristisch überhaupt möglich ist, seien erheblich.
Nach dem Volksentscheid vom Sonntag, ein Minarett-Verbot in der Schweizer Verfassung zu verankern, hatten Experten vermutet, die Sache werde sicherlich vor dem Straßburger Gericht landen und dort wahrscheinlich scheitern. Costa verwies indes darauf, dass bislang lediglich Staaten oder Parlamente vor dem Menschenrechtsgerichtshof verklagt worden seien. Zudem sei eine Beschwerde dort nicht zulässig, solange nicht der gesamte nationale Instanzenweg ausgeschöpft worden sei. Die Schweizer Verfassung erlaube es aber nicht, vor dem nationalen Bundesgericht Rechtsmittel gegen das Ergebnis eines Volksbegehrens einzulegen. „Das ist für uns ein ganz neues Problem.“
"Echte Herausforderung“
Eine Schwierigkeit liegt nach Darstellung des Präsidenten auch in der Pflicht des Beschwerdeführers nachzuweisen, dass er ganz persönlich in seinen Menschenrechten beeinträchtigt ist. Das liege nicht unbedingt auf der Hand, nur weil eine Moschee nicht mit Minarett ausgestattet werden könne. Der Fall sei in vielerlei Beziehung juristisch „eine echte Herausforderung“.
Das Gericht in Straßburg wacht über die Einhaltung der Menschen- und Grundrechte, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind. Es ist keine Einrichtung der EU, sondern des Europarats, dem auch der Nicht-EU-Staat Schweiz, angehört.