Berlin. Nach der Schweizer Minarett-Entscheidung haben Politiker verschiedener Parteien Volksabstimmungen über Grundrechte in Deutschland abgelehnt: Solche Fragen könnten nicht auf diesem Wege entschieden werden. Dennoch nimmt die Diskussion um mehr direkte Demokratie Fahrt auf.
Das ablehnende Votum der Schweizer gegen Neubauten von Minaretten hat auch die Debatte in der Bundesrepublik angeheizt. Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet warnt allerdings vor voreiligen Schlüssen: «Glücklicherweise lässt das Grundgesetz keine Volksabstimmungen über Grundrechte wie die Religionsfreiheit zu.» In vielen neuen Bundesländern gehörten mehr als 80 Prozent keiner christlichen Kirche mehr an. Solle man dort per Volksabstimmung das Glockenläuten am Sonntagmorgen verbieten dürfen?, fragte der CDU-Politiker.
Weiter meinte er: «Würde bei Volksabstimmungen in Deutschland der Sonntag geachtet, auch beim Ladenschluss? Sind wir sicher, dass es für den Bau einer jüdischen Synagoge überall Mehrheiten gibt?»
Buschkowsky: Keine Illusionen!
Der Bürgermeister des Berliner Bezirks Neukölln, Heinz Buschkowsky, warnte vor Illusionen darüber, wie eine Abstimmung wie die in der Schweiz in Deutschland ausgehen würde. «Emotionen sind unberechenbar und eignen sich nicht für ein Plebiszit», sagte der SPD-Politiker dem Blatt.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erklärte hingegen: «Das Resultat der Schweizer Volksabstimmung ändert nichts an meiner Überzeugung, dass mehr direkte Demokratie in Deutschland richtig wäre. Wenn es entsprechende Beteiligungs- und Zustimmungsquoren gibt, macht mich das nicht bange.» Für eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes wäre aber eine Zweidrittelmehrheit nötig, und die sei nicht in Sicht, stellte Leutheusser-Schnarrenberger fest. (ap)