Düsseldorf. Bis 17.59 Uhr am Sonntagabend wollen die Grünen auf Stimmenfang gehen - und setzen dabei vor allem aufs Internet. Dort können Wähler bei der Aktion "Drei Tage wach" Fragen stellen, bis die Wahllokale schließen. Die Partei will damit auf ein neues Wählerverhalten reagieren.

Wie schreiben wir eigentlich ,Drei Tage wach’? Mit Bindestrich oder ohne?“ fragt ein grüner Wahlhelfer, der in Düsseldorf vor einem Laptop sitzt und eigentlich Fragen beantworten soll. Fragen von Wählern, die noch nicht ganz so genau wissen, was die Konzepte der Grünen sind oder was sie von ihnen halten sollen. Alle Fragen sind erlaubt, so eben auch die nach der richtigen Rechtschreibung.

Seit Donnerstag, 18 Uhr, sitzen grüne Wahlhelfer in Düsseldorf und Berlin, jederzeit zu sehen im Live-Stream. Sie beantworten Fragen von Wählern - auf ihren Internetseiten, in sozialen Netzwerken und per Telefon. „Wir arbeiten in mehreren Schichten, bei uns in Düsseldorf sind in der Regel immer fünf Leute mit dabei“, sagt Grünen-Sprecherin Andrea Rupprath. Drei Tage lang, bis Sonntag 17.59 Uhr, mache die Partei Wahlkampf. Tag und Nacht. „Analysen zeigen, dass sich Wähler immer später entscheiden. Das gilt besonders auch für die Grünen“, sagt Rupprath. „Daher wollen wir dem Wähler bis zum Schluss das Angebot machen, uns nach unseren Konzepten und Inhalten zu befragen.“

Peter fragt, wie gewalttätige Übergriffe von Jugendlichen künftig verhindert werden können, andere wollen wissen, wie die Grünen der Finanzkrise begegnen – und mit wem es die Grünen machen wollen. Jamaika schließt die Partei nach wie vor aus. Ein Scherzkeks aus dem grünen Wahlhelfer-Team träumt von Grün-Rot, also einer Koalition aus Grünen und SPD – mit einem grünen Bundeskanzler. Am Ende seiner Antwort räumt er aber ein, dass es ihm schon reichen würde, wenn in der Wahl-Prognose am Sonntagabend der grüne Balken deutlich höher ist als der gelbe.

Daniela Schneckenburger zu Gast

Fünf Menschen im Live-Stream rund um einen Tisch zu beobachten, die ihrerseits am Computer Fragen beantworten, kann müde machen, vor allem, wenn man alle Fragen schon gestellt hat. Daher nehmen immer wieder bekannte Grünen-Politiker auf der Couch Platz und machen noch einmal Werbung. Grünen-Landeschefin Daniela Schneckenburger nutzte diese Gelegenheit am Freitagmorgen, warb für eine ökologische Revolution, für die Produktion des neuen Elektroautos am Opel-Standort Bochum und watschte CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers für die sogenannte Spitzelaffäre ab. „Rüttgers ist kein Landesvater, sondern ein Politiker, der mit harten Manschetten um die Macht kämpft, auch mit unfairen Methoden“, sagt Schneckenburger.

Warum setzen die Grünen im Wahlkampf so intensiv auf das Internet? Weil es eine neue Form der politischen Kommunikation ist und weil die Grünen als eine moderne transparente Partei wahrgenommen werden wollen, sagt Grünen-Sprecherin Andrea Rupprath. „Wir fürchten nicht wie andere Parteien einen Kontrollverlust durchs Internet. Wir haben keine Angst vor kritischen Einträgen, im Gegenteil, wir wollen uns damit auseinandersetzen.“

Und Kritik gibt es: Als die „Chefs“ Jürgen Trittin und Renate Künast in die Räume von „Drei Tage wach“ in Berlin kommen, geht es wieder in die ganz reale Welt. Zahlreiche Medienvertreter filmen die Spitzenkandidaten und verdecken dabei die Webcam. Nutzer „Boell-Wahlblog“ bringt es auf den Punkt: „will was sehen bei #3tw“. Unter diesem hashtag - ein Schlagwort, das mit einer Raute markiert wird - findet man die Grünen-Aktion bei Twitter.

Denn auch wenn die Grünen mit ihre Aktion die Netzgemeinde erreichen wollen - im Zweifel wollen sie natürlich auf ein bisschen altmodische TV-Präsenz nicht verzichten.

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