Berlin. Die Union und die FDP gehen vor der nächsten Koalitionsrunde noch einmal die Steuermodelle durch: Die stellvertretende FDP-Parteichefin Cornelia Pieper fordert: "Wenn man eine echte Entlastung will, müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen - auch wenn das auf Pump ist."
Zwei Tage vor der Abschlussrunde haben sich die Fachleute der künftigen Koalition in Berlin noch einmal die Finanzierungsmodelle für Steuererleichtungen vorgenommen. Die Arbeitsgruppe Haushalt und Finanzen trat zusammen. Zudem wollte die Steuerungsgruppe am Montag ihre Arbeit am Text des Koalitionsvertrages aufnehmen. Beide Seiten gaben sich zuversichtlich, zum Wochenende die Verhandlungen abschließen zu können.
Wie tief die Kluft zwischen den Vorstellungen von Union und FDP wirklich ist, blieb zunächst offen. Nach scharfen Äußerungen des CDU-Unterhändlers und niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff über die Vorstellungen der FDP wollten auch die Generalsekretäre Ronald Pofalla und Dirk Niebel nochmals beraten. Am Wochenende hatten die Parteispitzen versucht, ihren Streit über die Steuer- und die Finanzpolitik auszuräumen. Dabei sei man sich nähergekommen, habe aber noch keine abschließende Einigung erzielt, hieß es.
Parteitag für das Wochenende angesetzt
Über den Entwurf des Koalitionsvertrags will die große Runde am Mittwoch erstmals beraten. Weitere Verhandlungstermine sind für Donnerstag und Freitag angesetzt. Am 25. und 26. Oktober wollen CDU, CSU und FDP den Entwurf auf Parteitagen zur Abstimmung stellen. Pofalla sagte im ZDF-Morgenmagazin, er habe schon zum kleinen Parteitag eingeladen. «Das hätten wir ja nicht getan, wenn wir nicht glauben, dass jetzt in der kommenden Woche die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen würden». FDP-Generalsekretär Dirk Niebel erklärte: «Wir werden eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger kriegen. Die neue Steuerreform wird nicht zum 1. 1. 2010 umgesetzt, aber man wird beginnen.»
Die bayerische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stellte den Terminplan allerdings in der «Passauer Neuen Presse» zur Disposition. «Wenn es länger dauert, haben wir überhaupt kein Problem damit.» Zum Streit um die von der FDP geforderte Steuerentlastung in Höhe von 35 Milliarden Euro sagte Leutheusser-Schnarrenberger: «Auch die FDP weiß, dass die Haushaltslage schwierig ist. Wir kennen die Zahlen.»
Die stellvertretende Parteichefin Cornelia Pieper meinte im MDR info: «Wenn man eine echte Entlastung will, müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen - auch wenn das auf Pump ist.» Dazu müssten aber «klare Vorgaben für spätere Konsolidierung des Haushalts noch in dieser Legislaturperiode» kommen.
Nicht mit dem Geld der Bürger «zocken»
Wulff forderte die FDP dagegen auf, von ihrer Forderung nach einer großen Steuerentlastung abzurücken. Die «Bild»-Zeitung zitierte ihn mit den Worten: «Der FDP muss klarwerden: Mit eigenem Geld kann man zocken, mit dem Geld der Bürger nicht.»
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies darauf hin, dass die Verhandlungen «völlig im Zeitplan» seien, wie er dem Radiosender Bayern2 sagte. Von vornherein sei der früheste Zeitpunkt zur Kanzlerwahl der Tag nach der Konstituierung des Bundestages gewesen, «und das ist am Dienstag (27. Oktober), und am Mittwoch könnte sie gewählt werden».
Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach verbreitete trotz der harten Verhandlungen Optimismus. Er glaube, «wenn wir jetzt diese schwierige Phase der Koalitionsverhandlungen hinter uns haben, dann wird es vier Jahre eine gute Zusammenarbeit mit der FDP geben. Denn immer dann, wenn die FDP von der Opposition (in) die Regierung gewechselt ist, dann hat sie sich auch als praxistauglich und vernünftig erwiesen.» (ap)