Berlin. Union und FDP wollen ihre Koalitionsverhandlungen bis zum kommenden Wochenende abschließen. In den Streitfragen sei man ein gutes Stück weitergekommen, auch wenn noch keine Einigung bei der geplanten Steuerentlastung in Sicht ist. Die Termine für die Parteitage stehen bereits fest.
Union und FDP wollen die Koalitionsverhandlungen bis zum nächsten Wochenende abschließen. Das teilten die Generalsekretäre Ronald Pofalla (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Dirk Niebel (FDP) am Sonntag nach dem dreitägigen Gesprächsmarathon in Berlin mit. Einigungen zu den strittigen Themen Steuer- und Gesundheitspolitik wurden bislang nicht erreicht.
Pofalla, Dobrindt und Niebel versicherten aber, dass es eine Entlastung der Bürger geben werde. Über den Umfang und die Zeitpunkte der geplanten Steuersenkungen gebe es aber noch keine abschließende Vereinbarung, sagte Pofalla. Diese Entscheidung werde erst am Ende der Beratungen getroffen. Die Gespräche bezeichnete der CDU-Generalsekretär als «außerordentlich positiv und konstruktiv».
Niebel sagte, es müssten noch viele Einzelfragen geklärt und Prüfaufträge bearbeitet werden. In der Arbeitsmarktpolitik wollen Niebel und Pofalla am Montag abschließende Details klären. Auch die Finanz-Arbeitsgruppe wird sich dann noch mal treffen.
Dobrindt sprach nach Abschluss des Verhandlungswochenendes in Bildern: «Wir haben uns vor zwei Wochen zu einer gemeinsamen Bergtour aufgemacht», sagte er. Jetzt sei «die Nebelwand durchschritten. Das Gipfelkreuz ist klar erkennbar.» Der letzte Anstieg werde trotzdem eine Steilwand sein, «die man nur als Gemeinschaftsleistung bezwingen kann». Der Koalitionsvertrag wird seinen Angaben nach ein «Wachstumsbeschleunigungskonzept» für alle Bereiche enthalten.
Seehofer "mehr als zufrieden"
CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich mit den Verhandlungen «mehr als zufrieden». «Sie wissen, was ich für meine Partei im Wahlkampf alles gesagt habe», sagte er vor Journalisten. Daher könnten aus seiner Zufriedenheit «Rückschlüsse» gezogen werden. Die CSU hat in ihrem «Sofortprogramm für Wachstum und Arbeit» unter anderem gefordert, dass sofort nach der Wahl ein Gesetz auf den Weg gebracht wird, «mit dem die Einkommensteuer in zwei Schritten bereits zum 1.1.2011 und 1.1.2012 gesenkt wird». Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) hatte zuvor versichert, dass die Steuersenkungen aber nicht über Schulden finanziert werden sollten.
Am Sonntag hatten Union und FDP im sogenannten Beichtstuhl-Verfahren über die Finanzpolitik beraten - die Parteivorsitzenden und die Chefunterhändler der zuständigen Arbeitsgruppe loteten dabei Kompromissmöglichkeiten aus. Die FDP ist mit Forderungen nach Entlastungen in Höhe von 35 Milliarden Euro angetreten, die Union hat inzwischen 20 Milliarden Euro angeboten. Am Samstag hatte es bei den Verhandlungen in großer Runde laut «Bild am Sonntag» einen Eklat gegeben, nachdem CDU-Vize Christian Wulff der FDP realitätsferne Forderungen vorgeworfen hatte.
Strittig blieb am Wochenende auch die Zukunft des Gesundheitsfonds - es gab nach Aussagen der Unterhändler allerdings Annäherungen. Die FDP will den Fonds abschaffen, was die Union ablehnt. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), die die Union in der Arbeitsgruppe Gesundheit und Pflege als Chefunterhändlerin vertreten hat, sah jedoch nach einem Gespräch im kleinen Kreis am Samstagabend deutliche Fortschritte und «Gemeinsamkeiten».
Auf gemeinsame Energie-Politik verständigt
Zuvor hatten sich die Wunsch-Partner auf eine gemeinsame Energie-Politik verständigt. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) soll ein wesentlicher Schwerpunkt auf die regenerativen Energien gelegt werden. Aber um diese Zukunft zu gewährleisten, gelte es noch eine gewisse Zeit zu überbrücken. Für diese Zeit werde man als Brückentechnologie die Kernkraft noch benötigen, »aber mit der Zielsetzung, dass sie auch irgendwann verzichtbar ist«. Ferner beschlossen CDU, CSU und FDP, die Belastungen durch Bürokratieaufwand netto um 25 Prozent herunterzufahren.
Die große Koalitionsrunde trifft sich am Mittwoch erneut zu Beratungen. Die FDP hat für kommenden Sonntag zum Bundesparteitag nach Berlin eingeladen, CDU und CSU wollen den Koalitionsvertrag am darauffolgenden Montag auf kleinen Parteitagen beschließen. Die neue Regierung könnte dann unmittelbar nach der Konstituierung des Bundestags am 27. Oktober gebildet werden. (ddp)