Hamburg. Bundesforschungsministerin Schavan weist Vorwürfe der Geheimhaltung von brisanter Atom-Studie zurück. Sie spricht von einem erstem Entwurf. In dem Energiekonzept sollen rund 100 Forscher den Neubau von Atomkraftwerken in Deutschland anregen.

Ein von Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) in Auftrag gegebenes Energiekonzept hat am Mittwoch in Berlin für Aufregung gesorgt. Die «Financial Times Deutschland» hatte berichtet, dass Schavan ein brisantes Gutachten bereits seit Juni unter Verschluss gehalten habe, in dem Forscher unter anderem den Bau neuer Atomkraftwerke in Deutschland angeregt hätten. SPD und Grüne kritisierten das Verhalten und forderten eine sofortige Veröffentlichung des Gutachtens. Das Forschungsministerium dementierte, dass es sich bei dem Papier um eine nicht veröffentlichte Atomstudie handele.

In dem ddp vorliegenden Papier mit dem Titel «Konzept für ein integriertes Energieforschungsprogramm für Deutschland» schreiben rund 100 Forscher, dass sich Deutschland abhängig von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der Zukunft wieder an der Entwicklung und dem Bau von neuen Kernkraftwerken beteiligen könnte, «um einen erheblichen Teil des Energiebedarfs mit Kernenergie zu decken.» Ein Wiedereinstieg Deutschlands in die Entwicklung von Kernkraftwerken sei dann denkbar, »wenn sich in Deutschland im Verlauf der Zeit durchsetzen sollte, dass die Kernkraft trotz der unbestreitbaren Risiken eine kostengünstige und konsensfähige Grundlast-Stromversorgung ohne CO2-Ausstoß», heißt es weiter.

Gabriel fordert Klarheit in Atomenergiefrage

Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Klarheit in der Atomenergiefrage. "Offensichtlich spielt die Atomkraft in den Planungen der Union insgeheim eine größere Rolle als bisher immer behauptet», sagte Gabriel. Er warf der Kanzlerin vor, offiziell von der Atomkraft als «Brückentechnologie» zu sprechen, während sie zulasse, dass Schavan ein solches Papier in Auftrag gebe.

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn appellierte an Schavan, das Papier sofort zu veröffentlichen. «Wenn im Forschungsministerium über den Bau neuer Atomkraftwerke nachgedacht wird, haben die Wähler ein Recht, das vor der Wahl zu erfahren», sagte Höhn. Laufzeitverlängerungen und Bau neuer Atomkraftwerke bedeuteten nicht nur neue Gefahren und mehr Atommüll, sondern einen enormen Rückschritt auf dem Weg in eine zukunftsfähige Energieversorgung. Der Ausbau der erneuerbaren Energien würde brutal ausgebremst, sagte Höhn weiter.

Entwurf ohne Sprengstoff

Schavans Sprecher Elmar König stellte klar, es gebe keine Atomstudie, es sei auch keine in Auftrag gegeben worden. Was es gebe, sei ein erster Entwurf eines Konzepts für ein Energieforschungsprogramm in den kommenden Jahren, der keinerlei «Sprengstoff» enthalte. Er sagte, die Ministerin habe lediglich den von der Wissenschaft erstellten Zeitplan akzeptiert. Auch habe man den Entwurf nicht unter Verschluss gehalten, sondern bereits im Sommer etwa an den Lenkungsausschuss Energie der Helmholtzgesellschaft versandt. Zur Endlagerfrage gebe es darin keinerlei Empfehlung für eine Salz- oder Tonlösung. Es werde aber angesprochen, dass es verschiedene Lösungen geben könnte. Königs rechnete spätestens im Sommer 2010 mit einem endgültigen Konzept.