Essen. Wer sich bewegt, dem wird schnell warm. Ähnlich ist es bei der Stromproduktion, auch hier entsteht nicht nur elektrische Energie, sondern auch Wärme. Kraft-Wärme-Kopplungs-Kraftwerke nutzen beides - und haben so einen deutlich höheren Wirkungsgrad als Großkraftwerke.
Bisher waren Blockheizkraftwerke im Keller eher etwas für „Energie-Liebhaber“, wie Ralph Kampwirth sagt. Er ist Pressesprecher beim Hamburger Stromversorger Lichtblick und überzeugt davon, dass sein Unternehmen etwas daran ändern kann. Damit das klappt, hat Lichtblick sich für sein Keller-Kraftwerk einen prominenten Partner gesucht: der Wolfsburger Autoriese Volkswagen baut die Kraftwerksmotoren.
Elektrische Energie und Wärme werden fast komplett genutzt
Die Arbeitsweise der Lichtblick-Kraftwerke: Statt einer normalen Heizungsanlage wird das „Zuhause-Kraftwerk“ im Keller des Kunden installiert. Das Kraftwerk wandelt Gas in elektrische Energie um, die dabei entstehende Wärme erhitzt Wasser, das kann zum Heizen oder Duschen genutzt werden kann. So erreichen die Kraftwerke einen Wirkungsgrad von 92 Prozent. Herkömmliche Großkraftwerke kommen nicht über 40 Prozent – sie produzieren zwar Strom, aber die Wärme verpufft meist ungenutzt.
Der Kunde kauft das Gerät nicht, es wird bei ihm aufgebaut, bleibt aber Eigentum von Lichtblick. Als Kunde bezahlt man für die Installation der neuen und den Abbau seiner alten Heizungsanlage, und bekommt dafür, dass man seinen Keller zur Verfügung stellt, Miete und einen kleinen Beitrag für den Strom, der vom Keller-Kraftwerk ins Netz eingespeist wird.
Für normale Einfamilienhäuser kaum geeignet
Bislang wurden Kraft-Wärme-Kopplungs-Kraftwerke meistens in großen Gebäuden, zum Beispiel in Schulen, verbaut. Das Zuhausekraftwerk ist nach Lichtblick-Angaben auch schon für große oder schlecht gedämmte Einfamilienhäuser wirtschaftlich, – wenn sie einen Wärmebedarf von mindestens 40.000 Kilowattstunden haben. „Irreführend“ nennt das Energieberater Bernd Geschermann von der Energieagentur NRW: „Mit 40.000 Kilowattstunden kann man ein altes Dreifamilienhaus versorgen, bei neuen Häusern entspricht dieser Wert sogar einem Neun- oder Zehnfamilienhaus.“ Für ein normales Einfamilienhaus lohnt sich die Anschaffung also kaum.
Besonderes Feature der Lichtblick-Technologie: Die Keller-Kraftwerke sind vernetzt. Wenn in der Region besonders viel Strom benötigt wird, schalten sich die Kraftwerke in die Stromproduktion ein, die dabei entstehende Wärme landet in Speichern. So halten die Kraft-Wärme-Kopplungs-Kraftwerke ihren hohen Wirkungsgrad. Das ist ökologisch sinnvoll, bietet für den Kunden aber keinen direkten Vorteil. Um den hohen Wirkungsgrad zu erhalten, muss sich das Kraftwerk abschalten, wenn der Wärmespeicher voll ist. Dann wird kein Strom mehr produziert. „Wenn die Speicher voll sind, wird kein Strom mehr produziert, dann macht auch die Vernetzung keinen Sinn mehr“, erklärt Energieberater Geschermann.
Wie groß ist der Absatzmarkt?
Ende 2010 soll die Serienproduktion der VW-Motoren beginnen. 10.000 Stück sollen pro Jahr vom Band laufen, einen Markt für insgesamt 100.000 „Zuhause-Kraftwerke“ hat Lichtblick sich errechnet - das würde zwei Atomkraftwerke in Deutschland überflüssig machen. „Ich glaube nicht, dass diese Verkaufszahlen auch nur mittelfristig erreichbar sind“, sagt Geschermann. Dafür sei die Zusammenschaltung zu kompliziert - und das Geschäftsmodell mit den nur zur Verfügung gestellten Anlagen für Deutsche zu ungewohnt: „Was in meinem Keller steht, soll auch mir gehören.“
Die Lichtblick-Idee ist deutlich größer angelegt als alle anderen Blockheizkraftwerk-Projekte, auch wenn es einige gibt, die schon deutlich länger am Markt sind als die Hamburger. Das Olsberger Unternehmen Otag hat sein Keller-Kraftwerk bereits 2006 auf den Markt gebracht, bis heute sind rund 300 „Lions“, so der Name der Anlage, verkauft worden.
Der "Lion" produziert Strom für den Eigenbedarf
Otag setzt auf einen anderen Weg als Lichtblick – sowohl beim Vertrieb als auch bei der Technik. Den „Lion“ muss der Kunde kaufen, rund 15.000 Euro kostet die Anlage, die dem Kunden dann aber auch gehört und – wie die meisten Heizungsanlagen – 15 bis 20 Jahre halten soll.
Auf die von ihnen entwickelte Technik ist Otag besonders stolz. Das Kraftwerk basiert auf einer Dampfmaschine, die einen magnetgeführten Kolben antreibt. „Wir haben fast keine Verschleißteile und das Öl braucht man auch nicht zu wechseln“, erklärt Holger von Haller, Assistent der Geschäftsleitung bei Otag.
Den Strom zu verkaufen lohnt sich nicht
Der mit der Heizungsanlage produzierte Strom kommt dem Besitzer der Anlage zugute. Bis zu 80 Prozent könne er selbst nutzen – und somit kräftig Strom sparen, sagt von Haller. Wie alle Blockheizkraftwerke wird auch der „Lion“ ans Netz angeschlossen und so wird, wenn man viel Wärme, aber nur ganz wenig Strom abnimmt, der überflüssig produzierte Strom ins Netz eingespeist. Inklusive staatlich verordneter Ökostrom-Zulage bekommen die Kunden rund 10 Cent pro Kilowattstunde. Bei einem Marktpreis von rund 20 Cent pro Kilowattstunde kein lohnendes Geschäft.
Der Verkauf des produzierten Stroms sei aber auch nicht die Zielsetzung, erklärt von Haller. Der Lion sei darauf ausgelegt, dass man seine eigene Stromrechnung reduziere. Einsparungen von bis zu 1800 Euro im Jahr sollen möglich sein.
Die Heizungsanlage ist für Ein- bis Dreifamilienhäuser angelegt, die mindestens 25.000 Kilowattstunden Wärme-Energie verbrauchen. Das erfüllen, mal von ganz kleinen Exemplaren abgesehen, fast alle Häuser. Bei Otag hofft man, auf der von Lichtblick ausgelösten Popularitätswelle von Blockheizkraftwerken mitschwimmen zu können. 300 bis 500 verkaufte „Lions“ pro Jahr gibt von Haller als Ziel aus.
Brennstoffzellen-Kraftwerk ist noch nicht marktreif
Revolutionärer ist der Ansatz, den das Remscheider Unternehmen Vaillant entwickelt: Strom aus der Brennstoffzelle. Noch wird geforscht, auch wenn Unternehmenssprecher Wichterberg betont, dass die Technik längst ausgereift ist, nur könne man die Geräte nicht zu Marktpreisen herstellen. Der „Kasten“, den sich Vaillants potenzielle Kunden in den Keller stellen werden, hat mehrere Vorteile: Er ist deutlich kleiner als bisherige Anlagen, so dass die Geräte effektiver arbeiten können. Außerdem verbrauchen sie nach Herstellerangaben 25 Prozent weniger Energie als vergleichbare Anlagen und produzieren dabei nur halb so viel Kohlenstoffdioxid (CO2). Vaillant hat Erfahrung mit Blockheizkraftwerken: Schon 1999 wurde die erste „Eco-Power“-Anlage verbaut. Die arbeitet allerdings noch ganz konventionell und nicht mit der Brennstoffzelle.
Die Brennstoffzellen-Heizung wandelt Erdgas in Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff um. In der Brennstoffzelle reagiert der Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Luft zu normalem Wasser. „Kalte Verbrennung“ nennen Chemiker diesen Vorgang, der im Vergleich zu bisheriger Technik umweltschonend und energiesparend ist.
„Ökologisch sind Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen immer vorteilhaft“ sagt Energieberater Geschermann. Wirtschaftlich müsse jeder Fall einzeln geprüft werden. Für jeden Kunden gilt: „Die Anlage muss wärmegeführt sein.“ Sprich: Nur wenn man die gesamte Wärme, die das Kraftwerk parallel zum Strom erzeugt, auch nutzt, lohnt sich die Anschaffung. Ansonsten ist man mit einer konventionellen Heizung besser beraten.