Berlin. Als erster SPD-Spitzenpolitiker plädiert Finanzminister Steinbrück für eine Fortsetzung der Großen Koalition nach der Bundestagswahl. Da die FDP eine Ampel wohl ausschließe, sei das der einzige Weg, um Schwarz-Gelb zu verhindern. Generalsekretär Heil hofft weiter auf Rot-Grün.
Knapp zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat sich Finanzminister Peer Steinbrück als erster SPD-Spitzenpolitiker offen für eine Fortsetzung der Großen Koalition ausgesprochen. Er rechne damit, dass die FDP eine Ampelkoalition ausschließe, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende laut «stern.de». «Also geht es für die SPD darum, Schwarz-Gelb zu verhindern, also geht es für die SPD darum, sich in dieser (Großen) Koalition wiederzufinden.»
Der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier verschärfte unterdessen seine Angriffe auf CDU und Kanzlerin Angela Merkel. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hofft weiter auf ein rot-grünes Bündnis, obwohl die Grünen es inzwischen für unrealistisch halten.
Lob für Zusammenarbeit mit Merkel
Steinbrück sagte laut «stern» in einer Diskussionsrunde in Hamburg, eine Neuauflage der Großen Koalition wäre für Deutschland kein Unglück. Zwischen SPD und Union gebe es angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise «mehr denn je» Gemeinsamkeiten, die die Fortsetzung des Bündnisses rechtfertigten. «Ich erachte die Risiken für SPD in der Opposition für viel größer - auch durch einen Überbietungswettbewerb durch die Linkspartei.»
Steinbrück lobte die Zusammenarbeit mit Kanzlerin Angela Merkel. «Ich habe viele positive Erfahrungen gemacht», sagte der SPD-Politiker. Er sei niemals von ihr geleimt worden. «Das, was wir unter vier Augen besprochen haben, blieb unter vier Augen.»
Merkel und Steinbrück wird von Beobachtern eine ausgezeichnete Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise bescheinigt. Gemeinsam bereiteten sie die ersten beiden G-20-Gipfel zur Weltfinanzreform vor. In der kommenden Woche werden sie wenige Tage vor der Bundestagswahl gemeinsam am dritten G-20-Gipfel in der amerikanischen Industriestadt Pittsburgh teilnehmen.
Steinmeier wirft Merkel Belanglosigkeit vor
Steinmeier setzte seine persönlichen Angriffe auf Merkel dagegen fort, nachdem er sich damit beim Fernsehduell am Sonntag noch zurückgehalten hatte. «Die Strategen in der Unionszentrale wollen Frau Merkel lieber über das Wetter plaudern lassen als über die drängenden Probleme unserer Zukunft in Deutschland», sagte er in einem Interview des «Bonner General-Anzeigers». Die Wähler ließen sich aber «von Frau Merkel weder einlullen noch einschläfern». Die Kanzlerin spiele Verstecken, sagte Steinmeier. Sie liefere «nur schöne Bilder und schöne Worte».
Heil sagte im ARD-Morgenmagazin, er hoffe noch, mit Hilfe der unentschlossenen Wähler zu einer rot-grünen Mehrheit zu kommen. «Wenn das nicht reicht, muss man gucken, was es an anderen Konstellationen gibt.» Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast hatte am Montag erklärt, dass sie nicht mehr an eine rot-grüne Mehrheit glaube. Da die Grünen auch ein Dreier-Bündnis mit Union und FDP ausschließen, kommt für sie nur eine Ampelkoalition mit SPD und FDP oder ein Bündnis mit der Union in Frage.
Merkel wirbt mit Adenauer-Slogan für Schwarz-Gelb
Bundeskanzlerin Angela Merkel warb auf einer Wahlkampftour mit dem Zug von Bonn nach Berlin mit einem Slogan Konrad Adenauers für ein schwarz-gelbes Bündnis: «Wir können uns keinerlei Experimente erlauben», sagte die CDU-Vorsitzende. Adenauer hatte 1957 mit dem Slogan «Keine Experimente» die absolute Mehrheit für die Union erzielt.
FDP-Parteichef Westerwelle bekräftigte in einem Dreikampf der Oppositionsführer in der ARD die Koalitionsaussage zugunsten von CDU und CSU. Gleichzeitig sparte er nicht mit Kritik am Wunschpartner. Die FDP wolle mit der Union zwar eine Koalition bilden, deswegen sei sie aber längst noch nicht mit allem einverstanden, was diese in der Großen Koalition mit verabschiedet habe, sagte er. (ap)