Berlin. Heftige Diskussionen sind zwischen Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) und IG Metall sowie Grüne kurz vor dem Ausbildungspakt-Sondergipfel am Freitag entbrannt. Während Scholz am Ziel von 600.000 Ausbildungsplätzen festhält, warnen Gewerkschaft und Grüne vor einem Scheitern des Pakts.
Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) hat unmittelbar vor dem Ausbildungspakt-Sondergipfel am Freitag in Berlin seine Forderung nach 600.000 Ausbildungsplätzen gegen Kritik aus der Wirtschaft verteidigt. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) warf Scholz vor, mit «unrealistischen Zielen» den Ausbildungspakt zu gefährden. Gewerkschafter und Grüne warnten vor einem Scheitern des Pakts.
Die meisten Unternehmen seien trotz Krise in der Lage, genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, sagte Scholz der «Bild"-Zeitung (Freitagsausgabe). Mindestens 600.000 Ausbildungsplätze seien nötig, weil es heute schon fast 1,5 Millionen junge Leute zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss gebe. Diese hätten kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Ziel müsse sein, dass jeder mit 20 entweder Abitur habe oder eine Berufsausbildung.
Wer jetzt nicht ausbilde, bekomme später Probleme
Der Arbeitsminister sagte weiter, wer jetzt nicht ausbilde, handele außerdem «sehr kurzsichtig». In wenigen Jahren fehlten Fachkräfte. «Unternehmen, die nach der Krise freie Stellen nicht mit qualifizierten Leuten besetzen können, kriegen dann richtig Probleme.» Scholz äußerte zugleich Verständnis für Klagen aus der Wirtschaft, wonach viele junge Leute nicht alles mitbringen, was sich ein Ausbildungsbetrieb wünsche. «Dass 80.000 junge Leute jährlich die Schule ohne Abschluss verlassen, ist nicht naturgegeben, sondern Staatsversagen.»
Guttenberg warf Scholz taktische Manöver vor der Bundestagswahl im September vor. Die von Scholz geforderten 600.000 Ausbildungsverträge seien schon auf Grund der zurückgehenden Schulabgängerzahlen nicht zu erreichen, sagte er der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Freitagsausgabe). Der Pakt dürfe deswegen auf keinen Fall platzen.
"Fatale Situation bei betroffenen Jugendlichen"
Die Gewerkschaft IG Metall rief die Bundesregierung auf, zusätzliche Anstrengungen am Lehrstellenmarkt zu unternehmen. «Der Ausbildungspakt hat versagt, weil er die wahre Lage am Lehrstellenmarkt verschleiert hat», sagte Regina Görner vom IG-Metall-Vorstand der «Frankfurter Rundschau» (Freitagsausgabe). Görner sprach von einer «fatalen Situation für die betroffenen Jugendlichen» und bekräftigte die Forderung der IG Metall nach einer Ausbildungsplatzabgabe für Betriebe mit unzureichenden Anstrengungen. Die Abgabe sei nötig, «um die Kosten für die Ausbildung gerecht zwischen den Unternehmen zu verteilen».
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Fritz Kuhn, sagte der «Frankfurter Rundschau», die Wirtschaftskrise dürfe nicht zur «Sackgasse für Jugendliche» werden. Die Wirtschaft sei aufgefordert, trotz schwieriger Situation die Zahl der Lehrstellen nicht zu verringern. Auch die Regierung dürfe sich nicht zurücklehnen und müsse die Hilfen zur betrieblichen und außerbetrieblichen Ausbildung intensivieren.