Berlin. Die mögliche neue Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hält die bisherige Kronzeugen-Regelung für zu weitgehend. Die Union trägt die Änderung wohl im Koalitionsvertrag mit. Die Vorratsdatenspeicherung wird auf Eis gelegt und es gibt höhere Hürden für Online-Durchsuchung.

Die neue Bundesregierung wird den Straf-Rabatt für Kriminelle, die Mittäter belasten, wieder einschränken. „Heute kann jemand Strafnachlass bekommen, wenn er zu irgendeiner Straftat Dritter im Prozess Aussagen macht. Das geht viel zu weit. Wir werden die von der Vorgänger-Regierung wieder eingeführte Kronzeugenregelung deutlich einschränken”, sagte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gestern der WAZ. Eine entsprechende Vereinbarung sei mit der Union im Koalitionsvertrag vereinbart.

"Liberale Handschrift"

Die FDP-Politikerin gehört dem Bürgerrechtsflügel ihrer Partei an, hat in den Koalitionsverhandlungen die Federführung für den Bereich Innere Sicherheit/Justiz und wird im neuen Kabinett Merkel als Bundesjustizministerin gehandelt. Leutheusser-Schnarrenberger, die bereits Mitte der 90er-Jahre Mitglied einer Bundesregierung aus CDU und FDP war, erkennt in dem Verhandlungsergebnis „ganz eindeutig eine liberale Handschrift”: „Wir haben erreicht, dass die Vorratsdatenspeicherung auf Eis liegt, bis das Bundesverfassungsgericht darüber entschieden hat. Für die Online-Durchsuchung gelten künftig weit höhere Hürden, weil ein Bundesrichter die Genehmigung erteilen muss. Und beim Streit-Thema Sperren für Kinderpornografie konnten wir verhindern, dass sich der gefährliche Eindruck festsetzt, der Staat plane den Einstieg in eine allgemeine Internet-Zensur. Das alles sind Ergebnisse, die sich überaus sehen lassen können.” Als Verdienst der FDP bezeichnet die bayrische Politikerin ebenfalls, dass für Journalisten die Beihilfe zur Verletzung eines Dienstgeheimnisses nicht mehr unter Strafe gestellt wird,. „Dieses Einfallstor zur Einschüchterung der Presse machen wir zu”, sagte Leutheuser-Schnarrenberger.

Keine rechtsfreien Räume im Internet

Perspektivisch bezeichnete die Liberale einen international abgestimmten Rechtsrahmen für das Internet als „ein zentrales Thema der nächsten Jahre”. Rechtsfreie Räume dürfe es dort nicht geben. Auf nationaler Ebene will sich Leutheusser-Schnarrenberger durch die Einberufung eines Internet-Gipfels für den Abbau von „Vorbehalten und Missverständnissen” einsetzen.

Mit Blick auf die jüngsten Wahlerfolge der Piratenpartei sagte sie: „Wir brauchen ein gutes Miteinander von Internet-Nutzern, Betreibern und staatlichen Organen. Wir wollen nicht, dass sich unüberbrückbare Frontstellungen in der Gesellschaft ergeben.”