Berlin. Auch aus der eigenen Partei gibt es jetzt Gegenwind für Finanzminister Peer Steinbrück. Der hatte Vorbehalte gegen die Rentengarantie von Arbeitsminister Scholz geäußert. Die Diskussion sei "überflüssig und schädlich" kritisiert der niedersächsische SPD-Chef Garrelt Duin in der Bild-Zeitung.

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) gerät wegen seiner Haltung in der Rentendiskussion auch in der eigenen Partei immer mehr in die Kritik. «Wenn wir uns in der SPD ständig zerfleischen, können wir keine Wahlen gewinnen», sagte der niedersächsische SPD-Chef Garrelt Duin der «Bild»-Zeitung und legte seinem Parteifreund nahe, in den Urlaub zu fahren. Der bayerische SPD-Vorsitzende Florian Pronold sprach im gleichen Blatt von einer «überflüssigen und schädlichen» Diskussion.

Steinbrück hatte Vorbehalte gegen die Rentengarantie von Arbeitsminister Olaf Scholz (ebenfalls SPD) geäußert und bezweifelt, dass die derzeitige Rentenpolitik der Generationengerechtigkeit diene. Auch der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning, wies die Äußerungen von Steinbrück zurück. «Die Rentengarantie ist richtig, um wieder Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung aufzubauen», sagte Böhning im Gespräch mit Handelsblatt.com. «Hierbei handelt es sich nicht um einen Generationenkonflikt, sondern um eine solidarische Maßnahme, die auch künftigen Rentengenerationen zugute kommen wird.»

Kritik an Steinbrück kam auch vom DGB und dem Sozialverband VDK. «Wer die Rentengarantie in Frage stellt, muss damit rechnen, bei der Bundestagswahl abgestraft zu werden», sagte VDK-Chefin Ulrike Mascher der «Bild». Lob gab es dagegen von Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt für den Kurs des Finanzministers: «Der Beschluss, die Renten selbst bei sinkenden Löhnen stabil zu halten, ist ein falsches Signal. Es muss alles unterlassen werden, was die Beschäftigten und die Wirtschaft zusätzlich belastet.»

Rentengarantie wäre laut Experten gar nicht nötig gewesen

Nach aktuellen Daten der Rentenversicherung, die dem «Handelsblatt» vorliegen, deuten allerdings bislang alle Indikatoren darauf hin, dass es entgegen den Erwartungen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in diesem Jahr nicht zu sinkenden Löhnen kommen wird.

Die von der Bundesregierung beschlossene Garantie soll sicherstellen, dass die Renten niemals sinken, auch nicht bei schrumpfenden Löhnen der Arbeitnehmer. Bislang orientierte sich die Rente immer an der Lohnentwicklung des Vorjahres. So stiegen nach aktuellen Berechnungen der Rentenversicherung die Beiträge der Arbeitnehmer an die Rentenversicherung bis Ende Mai um ein Prozent - bei etwa gleich bleibenden Beschäftigtenzahlen.

Insgesamt nahm die Rentenversicherung im Vergleich zum Vorjahr trotz der Wirtschaftskrise 1,3 Prozent höhere Beiträge ein. «Bei sinkenden Durchschnittslöhnen wäre das nicht möglich», sagte dazu der Rentenexperte der Arbeitgeber, Alexander Gunkel. Er erwartet, dass sich diese positive Entwicklung auch im Juni fortgesetzt hat. Genau Zahlen werden für diese Woche erwartet.

Kein Trend in Richtung sinkender Löhne erwartet

Die Institute hatten ein Sinken der Löhne um 2,3 Prozent vor allem wegen des starken Anstiegs der Kurzarbeit erwartet. Auch dafür gibt es bislang keine Anzeichen, wie das «Handelsblatt» weiter schreibt. Zwar belegen die Zahlen des Statistischen Bundesamts, dass die mit niedrigeren Löhnen verbundene Kurzarbeit in der gewerblichen Wirtschaft im ersten Quartal die Durchschnittslöhne um 2,3 Prozent gedrückt hat. Über alle Wirtschaftszweige stiegen die Löhne dem Bericht zufolge jedoch um 1,5 Prozent. «Es ist nicht zu erwarten, dass sich dieser Trend im Jahresverlauf noch in Richtung sinkender Löhne umkehrt», sagte Gunkel. «Die Rentengarantie wäre also schlicht nicht nötig gewesen.»

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin», er sehe in der Frage der Rentengarantie keinen Konflikt zwischen Steinbrück und Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Steinbrück habe schließlich dem Gesetzentwurf und dem Vorschlag von Scholz zugestimmt. Es sei aber Aufgabe eines Finanzministers, zu sagen, dass die Gesetzesänderung irgendjemand irgendwann bezahlen müsse. (ap/ddp)