Berlin. Der Streit um die Rentengarantie geht quer durch die Bundesregierung: Nach Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat auch Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg (CSU) Zweifel daran geäußert. Die SPD ist derweil um Schadenbegrenzung bemüht.
Die Kritik aus den Reihen der Bundesregierung an der gerade erst beschlossenen Rentengarantie reißt nicht ab. Nach Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) äußerte auch Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in der «Welt am Sonntag» Zweifel an der Zusage, wonach Renten auch bei sinkendem Lohnniveau stabil bleiben sollen. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier verteidigte die Gesetzesänderung.
Angesichts der Wachstumsaussichten sei die «sogenannte Rentengarantie» für das nächste Jahr «rein deklaratorisch», sagte Guttenberg. Er kritisierte in diesem Zusammenhang Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), auf dessen Drängen hin die Garantie beschlossen worden war. «Die SPD steht offenbar zunehmend für das Stimmengewirr panischer Dauerwahlkämpfer», sagte der CSU-Politiker dazu weiter.
Bund der Steuerzahler: Zu teuer für die Jüngeren
Der Bund der Steuerzahler kritisierte die Rentengarantie als zu kostspielig für die Jüngeren. «Die Rentenerhöhung und die Aussetzung der Rentenformel sind auf lange Sicht Fehler, die für spätere Generationen sehr teuer werden», sagte Verbandspräsident Karl Heinz Däke der «Bild am Sonntag». Er wies darauf hin, dass schon jetzt fast 80 Milliarden Euro Steuermittel jährlich für die Rente ausgegeben würden.
Renten-Experte Bernd Raffelhüschen, Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge, nannte die Rentengarantie in der «BamS» eine «Umverteilung zugunsten der Rentner auf Kosten zukünftiger Generationen und der heutigen Jugend». «In der Sache ist die Rentengarantie ein Fehler», sagte demselben Blatt auch der Wirtschaftsexperte Bert Rürup.
Unterdessen bemühte sich Steinmeier, die kritischen Äußerungen Steinbrücks zur Rentengarantie zu relativieren. «Peer Steinbrück trägt die Rentengarantie mit, weist aber zu Recht darauf hin, dass wir immer auch die Frage der Generationengerechtigkeit im Auge behalten müssen», sagte Steinmeier der «Welt am Sonntag».
Auch die Jungsozialisten bekannten sich zu dem am Freitag vom Bundesrat endgültig beschlossenen Gesetz. «Wir sehen keinen Generationenkonflikt», sagte Juso-Chefin Franziska Drohsel dem «Hamburger Abendblatt» vom Samstag. Vielmehr sei es «eine soziale Frage, ob auch ältere Menschen in dieser Gesellschaft menschenwürdig leben können».
Streit geht quer durch die Parteien
Der Rentenexperte der Linken, Volker Schneider, nannte es einen «an Hinterhältigkeit kaum zu überbietenden Vorgang», wenn die Regierung die gerade erst beschlossene Garantie jetzt wieder in Frage stelle. Für ein Festhalten an der Rentengarantie plädierte in der «Bild"-Zeitung vom Samstag auch der CDU-Sozialexperte Gerald Weiß.
In der Debatte um die Renten in Ostdeutschland lehnte Steinmeier unterdessen eine rasche Ost-West-Angleichung ab. «Wenn wir das Rentensystem angleichen, würden viele künftige Rentner im Osten weniger bekommen», sagte er der Zeitschrift «Super Illu». Er begründete dies damit, dass die ostdeutschen Löhne derzeit bei der Rentenberechnung noch höher bewertet würden, um das nach wie vor niedrigere Niveau der Gehälter gegenüber westdeutschen Arbeitnehmern auszugleichen. Als Lösung des Problems empfahl er «gleichen Lohn für gleiche Arbeit in Ost und West».
Für eine Rentenangleichung plädierte dagegen Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Ansonsten könne, «wer am 3. Oktober 1990 als Bundesbürger geboren wurde, noch 2057 am Rentenbescheid ablesen, ob er Ossi oder Wessi war», erklärte Pau in Berlin. Von einer «voreiligen» Angleichung zu sprechen, sei «fern jeder Realität». (afp)