Brüssel. Der EU-Gipfel hat das wohl letzte Hindernis auf dem Weg zum Inkrafttreten des EU-Reformvertrages aus dem Weg geräumt. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich am Donnerstagabend in Brüssel, Tschechien die geforderte Ausnahmeklausel zuzugestehen.

Der Weg für das Inkrafttreten des EU-Reformvertrags ist so gut wie frei: Europas Staats- und Regierungschef einigten sich gestern am späten Abend in Brüssel auf eine Ausnahmeklausel, die Tschechiens Präsident Vaclav Klaus zur Bedingung für seine Unterschrift unter das Vertragswerk gemacht hatte. Die Formel soll neue Rückgabe- oder Entschädigungsansprüche von Sudetendeutschen verhindern. Ähnliche Ausnahmeregelungen zur EU-Grundrechtecharta wurden bereits für Großbritannien und Polen beschlossen.

Tschechisches Verfassungsgericht muss noch urteilen

Sollte das tschechische Verfassungsgericht den Vertrag Anfang November als legal erklären, könnte der Vertrag von Klaus unterzeichnet werden und bis Ende des Jahres in Kraft treten. „Es war ein bedeutender Schritt, den wir erreicht haben“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Von einer gemeinsamen Linie beim Klimaschutz waren die Staats- und Regierungschefs hingegen noch weit entfernt. Deutschland, Frankreich und Italien weigerten sich offenbar weiterhin, konkrete Angebote für Finanzhilfen für Entwicklungsländer auf den Tisch zu legen. Eine Einigung in dieser Frage gilt aber als Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen im Dezember, wo die Nachfolge für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll verhandelt werden soll.

Noch keine gemeinsame Linie in EU-Klimapolitik

Bundeskanzlerin Angela Merkel räumte zu Beginn des EU-Gipfels ein, dass der Vorbereitungsstand für das Weltklimatreffen aus ihrer Sicht noch nicht gut sei. Knackpunkt ist vor allem die interne Lastenteilung – also die Frage, mit wie viel Geld welches EU-Land zur Finanzierung für den Klimaschutz in der Dritten Welt beiträgt. Polens Ministerpräsident Donald Tusk besteht auf einer festen Zusage, dass die Osteuropäer weniger zahlen müssen als reiche EU-Länder.

Flankiert wurde der Start des EU-Gipfels von Spekulationen und Forderungen für die Besetzung der künftigen EU-Spitzenposten. Europas Sozialdemokraten wollten lieber um den Posten des EU-Außenbeauftragten kämpfen, sagte der spanische Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero. Damit wäre der britische Premierminister Tony Blair im Postengeschacher um den EU-Ratspräsidenten aus dem Rennen; er hatte sich Hoffnungen auf das Amt gemacht. Klare Kandidaten schälten sich aber weder für den einen noch den anderen Posten heraus. Die Entscheidung über die Personalien müssen ohnehin auf einen Sondergipfel im November vertagt werden, weil die neue Geschäftsgrundlage der EU, der Vertrag von Lissabon, noch nicht überall unterschrieben ist.