Prag. Diese Unterschrift haben alle Reformer in der EU herbeigesehnt. Der tschechische Präsident Václav Klaus hat den Lissabon-Vertrag der EU unterschrieben. Tschechien hat damit als letztes Land der 27 EU-Mitgliedstaaten den Vertrag ratifiziert.
Er hat es getan. Nach monatelangem Zögern und Taktieren setzte der tschechische Staatschef Vaclav Klaus am Dienstag seine Unterschrift unter den Reformvertrag von Lissabon. Damit endete eine Zitterpartie um die Zukunft der Europäischen Union, und das Vertragswerk, das die EU der 27 demokratischer und effizienter machen soll, kann endlich in Kraft treten.
"Ich gebe bekannt, dass ich den Lissabon-Vertrag heute um 15 Uhr unterschrieben habe», sagte Klaus in Prag, nachdem er als letzter EU-Staatschef seine Unterschrift unter das Dokument gesetzt hatte. Wenige Stunden zuvor hatte das tschechische Verfassungsgericht eindeutig erklärt, dass der EU-Reformvertrag von Lissabon nicht gegen die tschechische Staatsordnung verstoße.
Bittere Pille
Klaus ließ keinen Zweifel daran, dass dies für ihn eine bittere Pille gewesen sei. Er habe die Entscheidung des Verfassungsgerichts erwartet und respektiere sie - «obwohl ich sie zutiefst missbillige», sagte der Präsident. Und Klaus wiederholte noch einmal sein politisches Credo: «Mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages hört die Tschechische Republik auf, ein souveräner Staat zu sein.»
Aber nachdem mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts die letzte juristische Hürde gefallen war, blieb Klaus keine andere Wahl mehr als einzulenken. Wochenlang hatte der 68-jährige Europaskeptiker die EU mit Sonderwünschen beschäftigt, Tschechien war das einzige Mitgliedsland, das den Vertrag noch nicht ratifiziert hatte. Erst der EU-Gipfel vergangene Woche in Brüssel machte den Weg frei, indem er dem Präsidenten in einer Ausnahmeklausel garantierte, dass die im Lissabon-Vertrag verankerte Grundrechtecharta nicht den Weg für neue Rückgabeforderungen vertriebener Sudetendeutscher öffnet.
"Europäischer Dissident"
Klaus versteht sich als «europäischer Dissident». Als für alle sichtbares Symbol seines Widerstands weigerte sich der Ultraliberale während der tschechischen Ratspräsidentschaft zu Jahresbeginn, die Europaflagge auf der Prager Burg zu hissen. Da verwundert es kaum, dass eines der großen Vorbilder des Präsidenten die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher ist, deren EU-Skepsis legendär ist.
Der am 19. Juni 1941 in Prag geborene Klaus genoss während seines Wirtschaftsstudiums als einer der wenigen das Privileg für Aufenthalte beim «kapitalistischen Klassenfeind» in Italien und den USA. Von 1971 bis 1986 arbeitete er bei der Zentralbank, anschließend ging der Vater zweier Söhne zurück an die Universität.
In die Politik kam Klaus erst mit der «Samtenen Revolution» im November 1989. Als tschechoslowakischer Finanzminister managte er den Übergang zur Marktwirtschaft. 1992 wurde Klaus tschechischer Regierungschef, 1998 Parlamentspräsident. 2003 beerbte er seinen langjährigen Gegenspieler Vaclav Havel als Präsident in der Prager Burg.
"Ein richtig guter Tag für Europa"
Die Bundesregierung hat die Ratifizierung des EU-Reformvertrags von Lissabon durch Tschechien begrüßt. «Das ist ein richtig guter Tag für Europa», sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) am Dienstag am Rande eines Besuchs bei der NATO in Brüssel. Mit der Unterschrift des tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus bleibe die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union mit 27 Mitgliedstaaten gewahrt. «Das ist gut für Europa und ist damit auch gut für Deutschland», sagte Westerwelle. An diesen Tag werde sich die EU noch lange erinnern.(afp)