Zum Kampf des tschechischen Präsidenten Klaus Vaclav gegen den Lissabon-Vertrag.
Im Kampf gegen den Lissabon-Vertrag hat der tschechische Präsident Klaus Vaclav ein Sturmgeschütz in Stellung gebracht, mit dem man zwar nicht genau schießen, aber sehr viel Radau machen kann: Die an den Vertrag gekoppelte Grundrechte-Charta, behauptet Klaus, öffne eine Tür für Gebietsansprüche der Sudeten-Deutschen. Dem müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Vorher denke er nicht daran, mit seiner Unterschrift der künftigen EU-Geschäftsordnung zur Rechtskraft zu verhelfen.
In diesem Punkt („Benes-Dekrete“) verstehen die Tschechen keinen Spaß. Das will der Präsident sich zunutze machen. In der Sache ist sein Vorbehalt abenteuerlicher Unsinn. Erstens bietet die Grundrechte-Charta Rechtsschutz nur gegenüber EU-Organen; zweitens gilt sie nicht rückwirkend; drittens entsprechen ihre Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in Tschechien ohnehin verbindlich ist, viertens hat das tschechische Verfassungsgericht bei seiner Prüfung des Vertrages an der Charta keinerlei Anstoß genommen.
Argumentativ ist Klaus mit seinem Einwand nicht mehr satisfaktionsfähig. Politisch muss man ihn weiter ernst nehmen, gerade weil es grotesk ist, dass ein Einzelner den Betrieb eines Verbundes von 27 Ländern aufhält. Der EU-Gipfel Ende Oktober soll über die Führungsposten entscheiden, die mit Lissabon geschaffen werden. Zwei Tage vorher hat das tschechische Verfassungsgericht seine neuerliche Prüfung des Textes angesetzt – ein klares Signal, dass es ihn weiter für unbedenklich hält. Wie also kann der widerborstige Klaus aus dem Spiel genommen werden?
Indem man ihm die Möglichkeit gibt, glanzvoll auszusteigen. Eine feierliche Bekräftigung des Gipfels, dass für sudetendeutsche Rückeroberer in Lissabon nichts zu holen ist, wäre zwar in der Sache überflüssig. Der Präsident könnte aber so tun, als hätte er das persönlich erreicht. Und wenn er nicht will? Dann kann man den Tschechen einen Blick auf die Folterwerkzeuge nicht ersparen. Niemand kann sie aus der EU werfen. Aber ob sie als Partner oder Mühlstein gesehen werden, macht einen gewaltigen Unterschied, zum Beispiel bei der Verteilung von Positionen oder Geldern. In letzter Konsequenz ist es Sache der Tschechen, das Problem Klaus zu lösen. Die EU braucht eine tschechische Ratifikationsurkunde, um den Vertrag in Kraft setzen zu können. Die Unterschrift von Vaclav Klaus braucht sie nicht.