Düsseldorf. Vor zwei Jahren schlug der Sozialbericht NRW hohe Wellen mit der Erkenntnis: Jedes vierte Kind wächst in Armut auf. Geändert hat sich seither wenig, mahnen jetzt Kinderschutzbund, Wohlfahrtsverbände und der DGB - und fordern ein Aktionsprogramm.

Der „Sozialbericht NRW” aus dem Jahr 2007 machte vor allem eines deutlich: Kinderarmut ist an Rhein und Ruhr ein gravierendes Problem – jedes vierte Kind gilt als Not leidend. Zwei Jahre später klagen der Kinderschutzbund, die Arbeiterwohlfahrt und der nordrhein-westfälische Gewerkschaftsbund an: Die Lage hat sich nicht verbessert. Im Gegenteil: Es gebe allenfalls „Ansätze” im Kampf gegen Kinderarmut. Die Landesregierung beschränke sich auf eine „moderierende Rolle” und unternehme nichts gegen die Chancen-Ungleichheit. „So wird die soziale Spaltung verfestigt”, betont Awo-Landeschef Gunder Heimlich.

Die drei Organisation gehen deshalb in die Offensive. In ihrem „Memorandum Kinderarmut” stellen sie ein Zehn-Punkte-Programm auf. Die wichtigsten Forderungen lauten: 1. ein bundesweit geltendes Bildungs-, Sozialstaats- und Finanzierungskonzept. 2. eine Grundsicherung für jedes Kind in Höhe von 502 Euro 3. ein kostenfreier Zugang für alle Kinder zu allen Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungs-einrichtungen 4. die Sicherung einer durchgängigen medizinischen Versorgung unabhängig vom Mitwirken der Eltern. Das Konzept fuße vor allem auf der Idee von „frühzeitiger Prävention”, unterstrich der NRW-Kinderschutz-Vorsitzende Dieter Greese. Nur so könne die Gesellschaft von den Kosten „spät einsetzender Reparaturmaßnahmen” entlastet werden.

Der Düsseldorfer DGB-Chef Guntram Schneider verband das Memorandum mit der Forderung nach längerem gemeinsamem Lernen der Kinder und der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Die Hauptursachen für Familien in Armut sei das „dramatische Anwachsen des Niedriglohnbereichs” und die hohe Arbeitslosigkeit. Häufige Folge: Die Armut werde von Generation zu Generation weitervererbt.

NRW-Familienminister Armin Laschet (CDU) verteidigte die Landesregierung. Kinderarmut sei vor allem das Ergebnis von Bildungsarmut – deshalb verfolge die Koalition konsequent den Ausbau der Ganztagsschulen, der Unter-Dreijährigen-Betreuung und der Familienzentren. Die Erhöhung von Barleistungen seien dagegen der „falsche Weg”.