Essen. . Taxifahrer profitieren als eine der ersten Berufsgruppen vom Mindestlohnanstieg auf 8,50 Euro. Das lässt allerdings auch die Preise für die Kunden steigen – durchschnittlich um 25 Prozent. Befürchtet wird der Verlust von Fahrerjobs und das Ausdünnen des Taxiangebotes.
Taxifahren wird im kommenden Jahr überall deutlich teurer. In allen Städten und Kreisen der Region laufen Genehmigungsverfahren für baldige Tariferhöhungen im Schnitt von über 20 Prozent. Grund für die stärkste Anhebung der vergangenen Jahrzehnte ist die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Befürchtet wird, dass die Preissteigerung zu einem Verlust von Fahrerjobs und zu einem Ausdünnen des Taxiangebots führen wird.
„So eine hohe Steigerung haben wir noch nie gehabt“, sagt Holger Goldberg (58), Geschäftsführer Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein in Monheim bei Düsseldorf, im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Duisburger spricht für 2000 Unternehmen mit rund 4000 „Kraftdroschken“. Deshalb gebe es auch keine Erfahrung, wie die Taxikunden auf die massive Preisanhebung reagieren werden. Beantragt wurden im Schnitt 25 Prozent Zuschlag, zufrieden ist die Branche mit 20 Prozent. Ihr Personalkostenanteil liegt bei 60 Prozent, die Kostensteigerung durch den Mindestlohn erreiche 40 Prozent, sagt Holger Goldberg.
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Fahrer glauben nicht an Einbruch des Geschäfts
Die Bereitschaft der Kommunen zu maßvollen Erhöhungen ist da. Nur in Duisburg konnte man sich nicht einigen, mit noch unabsehbaren Folgen. Nebenan in Düsseldorf stockte man nur um 5 Cent pro Kilometer auf, hier, in der prosperierenden Landeshauptstadt, hat die Branche aber auch grundsätzlich weniger Sorgen. In Mülheim hat das Gewerbe zum Hoch-Pokern viel mehr beantragt, als man erreichen will. In Gelsenkirchen sind es dagegen im Schnitt nur knapp sechs Prozent. Der deutsche Spitzenreiter findet sich in Erfurt: plus 40 Prozent, angeblich auch zur Freude von Fahrradhändlern.
Die meisten befragten Taxi-Fahrer und -Besitzer rechnen nicht mit einem drastischen Einbruch des Geschäfts durch den Preisschub. Allerdings glauben alle, dass die Mehrkosten durch den Mindestlohn den Markt verändern werden. „Man braucht 30 Euro Umsatz die Stunde, um 8,50 Euro Lohn zu bezahlen“, so Thomas Grätz, Geschäftsführer des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbandes, gegenüber dieser Zeitung.
Alle Experten erwarten, dass in schlecht frequentierten Zeiten, etwas an Feiertagen und in Nachtstunden, die Unternehmer zukünftig noch weniger Wagen auf die Straße schicken. Darunter leiden schon jetzt ländliche Regionen.
200.000 Arbeitsplätze bundesweit im Taxigewerbe
Während gute Fahrer, die bereits mehr als 8,50 Euro verdienen (Goldberg: „Die Ausnahme“), praktisch nicht vom Mindestlohn profitieren, müssen umsatzschwache Fahrer auch mit dem Entfall ihrer bisherigen Schichten rechnen. Im Schnitt verdiene ein Taxifahrer zurzeit nur 6 bis 6,50 Euro in der Stunde.
200.000 Arbeitsplätze gibt es bundesweit in dem Gewerbe, so Grätz. Ohne Tariferhöhungen seinen 50.000 davon bedroht. Das sieht mancher an der Basis anders. Ein Taxi-Unternehmer aus dem Ennepe-Kreis, der ungenannt bleiben möchte: „Das Thema wird etwas aufgebauscht. Über den Abbau von Arbeitsplätzen entscheiden, würden die ersten Monate des Jahres nach der Preiserhöhung.“
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Über 550 Wagen mit dem gelben Leuchtschild auf dem Dach rollen beispielsweise durch die Messestadt Essen, rund 250 Taxen durch Bochum, 105 sind es in Mülheim, etwa 40 in Witten. In Hagen legt die Satzung fest: pro 1500 Einwohner ein Wagen.
Die Zahl der erteilten Taxi-Konzessionen wird wie die Tarife von den Kommunen festgelegt, denn Taxen zählen zum Personenverkehr. Fachvereinigungs-Funktionär Goldberg fordert, dass für eine gewisse Zeit zurückgegebene oder eingezogene Konzessionen von den Städten nicht mehr neu vergeben werden. Dass ein Konzentrationsprozess einsetzt, daran zweifelt kaum einer. Goldberg. „Die meisten haben keine Kapitalreserven.“ Mancher Taxifahrer überlebt also wirtschaftlich so, wie er fährt: immer auf der letzten Rille.