Berlin. Mit einer Attacke gegen die Linkspartei hat Wolf Biermann bei seinem Auftritt im Bundestag am Freitag für Ärger gesorgt. Der Liedermacher nannte die Abgeordneten der Linkspartei den “elenden Rest dessen, was zum Glück überwunden wurde“. Bundestagspräsident Lammert rief ihn zur Ordnung.

In einer von Emotionen geprägten Gedenkstunde hat der Bundestag den 25. Jahrestag des Mauerfalls gefeiert. Dabei machte ein ungewöhnlicher, mit viel Beifall bedachter Auftritt des 1976 aus der DDR ausgebürgerten Liedermachers Wolf Biermann deutlich, wie tief der Graben zwischen der Linken als SED-Nachfolgepartei und anderen Fraktionen im Bundestag immer noch ist. Biermann attackierte in der Sitzung am Freitag die Linksfraktion von Gregor Gysi scharf und bekam dafür Applaus von vielen Abgeordneten.

Die Abgeordneten der Linkspartei seien "der elende Rest dessen, was zum Glück überwunden wurde", sagte der 77-Jährige Biermann. Er sei von dem "Ironiker" Lammert eingeladen worden, um der Linken ein paar Ohrfeigen zu verpassen. "Aber das kann ich nicht, ich war ja Drachentöter. (...) Ein Drachentöter kann nicht mit großer Gebärde die Reste der Drachenbrut tapfer niederschlagen."

"Reden in der DDR nicht abgewöhnt"

Lammert sagte zu Biermanns ungewöhnlichem Auftritt mit einem Hinweis auf die Geschäftsordnung: "Sobald Sie für den Bundestag kandidieren und gewählt werden, können Sie auch reden. Jetzt sind sie hier, um zu singen." Biermann entgegnete: "Das Reden habe ich mir in der DDR nicht abgewöhnt und werde das hier schon gar nicht tun." An die Adresse der Linken sagte er: "Ihr seid dazu verurteilt, das hier zu ertragen. Ich gönne es Euch."

Biermanns Auftritt hatte schon vorher für Ärger gesorgt, weil sich die Linke als SED-Nachfolgepartei immer wieder von Biermann kritisiert fühlt und bei der Festlegung des Programms für die Gedenkstunde übergangen fühlte. "Gerade bei einer derart wichtigen Gedenkstunde wäre es richtig gewesen, alle Fraktionen in die Auswahl eines musikalischen Gastes mit einzubeziehen", sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Petra Sitte am Donnerstag "Spiegel Online".

Gleichzeitig ermahnte sie Biermann votab: "Er sollte die Würde der Feierstunde nicht dazu nutzen, um einzelne Parteien zu kritisieren. Ich gehe davon aus, dass es nicht zu einem Eklat kommt."

Biermann war 1976 nach einem Konzert in Köln aus der DDR ausgebürgert worden. Er hatte nach der Wende die Linke, die aus der Sozialistischen Einheitspartei (SED) der DDR hervorgegangen ist, mehrfach heftig kritisiert. Unter anderem bezeichnete er sie als seine "treuen, alten Todfeinde" und als "verkommenes Pack".

Gregor Gysi ignoriert Biermanns Attacken

MauerfallGregor Gysi ignorierte in seiner Rede im Bundestag Biermanns Attacken. Der Linke- Politiker beklagte Versäumnisse bei der deutsch-deutschen Wiedervereinigung. Große Probleme seien dadurch entstanden, dass die DDR nach dem Mauerfall der Bundesrepublik beigetreten sei und es keine echte Vereinigung der beiden deutschen Staaten gegeben habe. Er betonte, in der DDR habe eine Diktatur und grobes Unrecht geherrscht. Gysi blieb damit aber bei seiner Haltung, die DDR nicht pauschal als Unrechtstaat zu bezeichnen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring Eckardt sagte: "Natürlich war die DDR ein Unrechtstaat."

Die aus Thüringen stammende SPD-Abgeordnete Iris Gleicke erinnerte an die "unbändige Freude" der Menschen am 9. November 1989. Von diesem Gefühl sei einiges verloren gegangen. Sie wünsche es allen Menschen zum 25. Jahrestag zurück. Dabei kamen Gleicke die Tränen. Der CDU- Abgeordnete Arnold Vaatz aus Sachsen sagte, die Revolution in der DDR solle eine Mahnung sein, sich mit Menschen in anderen Länden zu solidarisieren, die ebenfalls nach Freiheit und Rechtsstaat strebten.

Die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt zeigte sich dankbar, dass 1989 kein einziger Schuss gefallen war. Lammert sagte, ohne die Bürgerrechtsbewegung, die daraus entstandenen Volksbewegungen und ohne die friedlichen Massendemonstrationen hätte es den 9. November 1989 nicht gegeben. "Ein Wunder war der Mauerfall aber nicht, sondern die Folge einer nicht nur in der deutschen Geschichte beispiellosen friedlichen Revolution." (dpa)