Dortmund. . In ausgewählten Geschäften ist es schon möglich: Vodafone-Kunden können das bargeldlose Zahlen per Smartphone in Deutschland als Erste testen. Noch reagiert der Handel eher verhalten. Doch Apple will das mit seinem neuen iPhone ändern und das neue Bezahl-Verfahren etablieren. Zunächst allerdings in den USA.

Ein Tüte Gebäck soll es sein. „Ich würde gerne mit dem Handy zahlen“, sagt die Kundin und zieht ihr Mobiltelefon aus der Tasche. „Gerne“, sagt die Verkäuferin an der Kasse und schiebt das Lesegerät herüber, in das auch die EC- und Kreditkarten gesteckt werden. Die Kundin hält ihr Telefon dicht davor, keine Sekunde später gehören die Plätzchen ihr. Keine Pin war nötig und auch keine Unterschrift. So in etwa stellt sich Apple vor, was deutsche Vodafone-Kunden bereits in ausgewählten Geschäften praktizieren können.

„Mobile payment“ nennt sich das System, mobiles Bezahlen also, und es basiert auf einer Technik, die „Near Field Communication“ (NFC) heißt. Sie ermöglicht die Kommunikation von elektronischen Geräte, die sich nahe beieinander befinden – Smartphone und Lesegerät etwa. NFC ist nicht neu, gehört bei vielen Modellen von Samsung, HTC oder Sony schon seit Jahren zum Standard. Wirklich genutzt wurde es allerdings so gut wie gar nicht. „Manchmal“, sagt auch die Verkäuferin im Süßwarenladen in der Dortmunder Thier-Galerie, „kommt wochenlang keiner, der damit bezahlen will.“ Das möchte Apple – zunächst erst einmal in den USA – nun ändern und hat deshalb nicht nur das am kommenden Freitag erscheinende iPhone 6 endlich mit NFC bestückt, sondern auch eine eigene Infrastruktur darum aufgebaut: Apple Pay.

Apple Pay

Ob der Aufwand sich lohnt, ist ungewiss. Ein großer Vorteil des Systems ist die einfache Registrierung. Jeder, der bei Apple einen iTunes-Account besitzt, kann es nutzen. Und es funktioniert mit jedem Mobilfunknetzbetreiber. Aber, und das ist ein großes „Aber“, es funktioniert bisher eben nur mit dem iPhone 6.

Und obwohl der Konzern mit Mastercard, Visa und American Express alle großen Kreditkarten-Unternehmer mit ins Boot geholt hat, reagiert der Handel eher verhalten auf die neue Bezahlmöglichkeit.

An etwa 220.000 US-Kassenterminals sollen Kunden zum Start per NFC bezahlen können. Herkömmliche Kreditkarten sind an knapp zehn Millionen Kassen einsetzbar. „Viele Händler, die NFC schon akzeptiert hatten, haben es inzwischen wieder aufgegeben“, sagte Richard Crone, Chef von Crone Consulting, einer Beratungsfirma für Zahlungsfragen, im US-Wall Street Journal. Die Kosten zum Unterhalt des Systems seien einfach zu teuer gewesen, bestätigt etwa ein Sprecher der großen Handelskette „Best Buy“.

Die Situation in Deutschland

Zwischen Kiel und Konstanz dürfte es für Apple Pay noch schwieriger werden, die Kreditkarte durch das iPhone zu ersetzen. Schon weil es nicht viel zu ersetzen gibt. Denn die Deutschen wickeln immer noch mehr als 50 Prozent ihrer Geschäfte bar ab, den Rest meistens über ihre EC-Karte. Lediglich bei fünf Prozent ihrer Einkäufe zücken sie die klassische Kreditkarte.

Erschwerend hinzu kommt, dass die Konkurrenz hier in Sachen NFC schon ein Stück weiter ist als Apple. Telekom, Eplus und O2 stehen in den Starlöchern, Vodafone hat zusammen mit Visa bereits seine „Wallet“ (Brieftasche) im Einsatz. Kunden des Mobilfunkanbieters, die ein NFC-fähiges Smartphone und eine dafür geeignete Sim-Karte besitzen, müssen sich nur ein App aus dem Netz herunterladen und das virtuelle Konto aufladen. Dann können sie – wie eingangs beschrieben – an rund 40.000 von 600.000 in Deutschland installierten Terminals shoppen gehen, die unter anderem bei Kaufhof oder Douglas stehen. Bis der Rest der Terminals aufgerüstet ist, könnten nach Schätzung von Experten noch einige Jahre vergehen. So lange heißt es wohl in vielen Fällen weiterhin: Nur Bares ist Wahres.