Cupertino. Nach fast einem Jahr Funkstille hat Apple erstmals wieder neuen Geräte vorgestellt. Der Konzern setzt auf deutlich größere iPhones. Am Dienstag präsentierte das Unternehmen die beiden neuen Modelle iPhone 6 und iPhone 6 Plus. Zugleich gab's eine Panne: Der Livestream zur großen Apple-Show brach zusammen.
Apple setzt im Wettstreit um den Smartphone-Markt auf deutlich größere iPhones. Das Unternehmen kündigte am Dienstag wie erwartet zwei neue Modelle mit Display-Diagonalen von 4,7 und 5,5 Zoll an (knapp 12 und knapp 14 cm). Sie heißen iPhone 6 und iPhone 6 Plus. "Sie sind größer, sie sind viel größer", sagte Marketingchef Phil Schiller bei der Präsentation in Cupertino.
Konkurrierende Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android haben schon länger größere Displays. Apple sperrte sich bisher gegen diesen Trend. Der Konzern begründete dies mit einer schlechteren Bildqualität auf größeren Displays sowie der Notwendigkeit, das Smartphone leicht mit einer Hand bedienen zu können.
Trick für besser Bedienbarkeit
Damit man auch auf dem großen Bildschirm mit einer Hand an die obere Menüleiste herankommt, ließ sich Apple einen Trick einfallen. Durch einen Doppel-Klick auf den Home-Button rutscht die obere Kante des Bildes in die Mitte.
Die neuen iPhones sind mit 6,9 und 7,1 Millimetern etwas dünner als das vorherige iPhone 5s. Der Prozessor soll um 25 Prozent schneller laufen und die Batterie zum Teil deutlich länger halten. Das Display des größeren Modells hat eine Auflösung von 1920 mal 1080 Bildpunkten wie bei einem HD-Fernseher.
Zugleich leistete sich Apple ausgerechnet bei der wichtigen Präsentation eine Panne: Der Live-Stream im Internet brach immer wieder zusammen. Es war das erste Mal, dass Apple solche massiven Probleme bei einer Übertragung hatte.
Hoffen auf den großen Sprung
Durch die neuen größeren iPhones, ein Handy-Bezahlsystem und die seit Langem erwartete Computeruhr hofft Apple auf den großen Sprung. Für Konzernchef Tim Cook schlug mit der Präsentation am Dienstag die Stunde der Wahrheit: Er zeigte die ersten Geräte, die komplett in seiner Zeit an der Apple-Spitze entwickelt wurden. Vor allem an der Computeruhr wird gemessen, ob Cook die Fußstapfen seines legendären Vorgängers Steve Jobs ausfüllen kann. Es ist der erste Vorstoß von Apple in eine neue Produktkategorie seit dem iPad-Tablet vor über vier Jahren.
Wie vor jedem Apple-Event überschlugen sich die Gerüchte. Die beiden iPhones sollen mit Display-Diagonalen von 4,7 und 5,5 Zoll erstmals so groß wie die meisten Smartphones mit dem Google-System Android werden. Mit dem Bezahldienst solle man in Läden einfach sein iPhone an das Kassengerät halten können und den Betrag über dessen Fingerabdruck-Sensor statt per PIN oder Unterschrift bestätigen.
Online-Dienste entwickeln bereits Apps für die Uhr
Die Uhr soll in zwei Größen kommen und neben Gesundheits-Sensoren ebenfalls den NFC-Funk unterstützen, auf dem der iPhone-Bezahldienst aufbaut. Nach Informationen des gut verdrahteten Blogs „9to5Mac“ lässt Apple andere Online-Dienste bereits Apps für die Uhr entwickeln, darunter sei Facebook.
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Apple betrieb für das Event noch mehr Aufwand als bei den bisherigen Produkt-Vorstellungen und setzte dabei auch auf Symbole. Tim Cook und sein Team sollten im Flint-Theater in Cupertino auftreten, in dem Firmengründer Jobs vor 30 Jahren den ersten Mac-Computer vorstellte. Damals wurde erstmals ein modernes Benutzungskonzept für PCs mit Maus und grafischer Oberfläche für den Massenmarkt eingeführt, das heute noch Gültigkeit hat. Neben dem Flint-Theater wurde ein riesiges weißes Gebäude ohne Fenster aufgebaut. Was drin ist, blieb bis zuletzt geheim.
Apple will sich in der öffentlichen Meinung die Rolle des Innovators zurückholen. Über Geld muss sich der Konzern angesichts der steten Flut von Milliardengewinnen und über 160 Milliarden Dollar auf der hohen Kante zwar keine Gedanken machen. Aber seine Rivalen Google und Samsung werden von manchen Beobachtern und vielen Kunden als die innovativeren Unternehmen wahrgenommen.
Datenbrillen, Kurierdrohnen und selbstfahrende Autos
Google experimentiert mit Datenbrillen, selbstfahrenden Autos, Kurier-Drohnen. Und sein Android dominierte den Smartphone-Markt zuletzt mit einem Rekordanteil von fast 85 Prozent. Samsung ist zum größten Smartphone-Hersteller der Welt zwar vor allem mit seinen günstigen Modellen geworden, aber seine Spitzenmodelle wie das Galaxy S5 spielen in der iPhone-Klasse. Zudem beeilte sich Samsung, schon ein Jahr vor Apple mit seiner ersten Computeruhr vorzupreschen. Die ersten Geräte hatten noch Macken und wurden am Markt recht kühl aufgenommen. Bei den neuen Modellen wurden die Rezensionen besser, wie bei der auf der IFA gezeigten Gear S mit Mobilfunk-Anbindung.
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Auch deshalb sind die Erwartungen ein eine Apple-Uhr so hoch. In den vergangenen Wochen und Monaten kam zwar eine Flut von Modellen diverser Hersteller auf den Markt. Aber die weitaus meisten hinterlassen das Gefühl, das Konzept ist noch deutlich verbesserungsfähig bei Laufzeit, Bedienung und Design. Die Uhr gehört zu Apples bisher ambitioniertesten Projekten. „Die Schweiz hat ein Problem“, zitiert die „New York Times“ Apples Designchef Jony Ive.
Die Börse bedachte Apple gestern mit Vorschuss-Lorbeeren. Die Aktie markierte ein Rekordhoch mit 103,74 Dollar. Apple bestellte laut Medienberichten als Startauflage 80 Millionen iPhones – mehr als bei jeder Generation zuvor. (dpa)