Anbieter von Internet und Mobilfunk wittern beim mobilen Bezahlen per Funk das große Geschäft.Doch Deutschland hinkt der Entwicklung noch hinterher. Österreich und Japan sind Vorreiter

Essen. Es gibt Momente im Leben, da mag man sich wünschen, ein Österreicher zu sein oder zumindest im Nachbarland zu wohnen. Aus höchst pragmatischen Gründen. Denn wer dort die bessere Hälfte zum Valentinstag mit Blumen beglücken will, bestellt und bezahlt die duftenden Liebesgrüße per Handy. Müssen auf die Schnelle Kinokarten her, löhnt der Gönner flugs per SMS. Und wenn die Shoppingtour durch Bregenz oder Wien mal wieder länger dauert, dann löst der Knöllchen-bedrohte Autobesitzer einen weiteren Parkschein mit dem Handy nach.

In Österreich gehört das Bezahlen per Handy, im Fachjargon Mobile Payment oder einfach M-Payment genannt, seit Jahren zum Alltag. In Deutschland hingegen nutzen es vor allem Jugendliche, um ihr Taschengeld für den neuesten Klingelton, trendige Logos oder herunter geladene Lieder zu verjubeln. Nun starten Mobilfunkbetreiber hier zu Lande einen neuen Versuch, das mobile Bezahlen aus seinem Nischendasein zu holen.

Vodafone und O2 bringen im Frühjahr ein Handy-Bezahlsystem auf den Markt, und die Deutsche Telekom bietet zusammen mit dem Telemetriedienstleister Peaches seit einigen Tagen den Bezahldienst "Call & Pay Flexible" an. Die Internetbranche hofft, dass das M-Payment nun auch in Deutschland die Lücke zwischen Bargeld- und Kreditkartenzahlung schließt und damit zum Milliardengeschäft wird.

Deren zaghafter Optimismus nährt sich aus Umfragen, nach denen die Mehrheit der Deutschen per Handy bezahlen würde, wenn es billig und einfach ginge. Doch bislang sei das M-Payment zu teuer und die Technik zu kompliziert, sagt Bettina Horster, M-Payment-Fachfrau beim Verband der Deutschen Internetwirtschaft Eco. Benötigt werde "ein offenes, standardisiertes Bezahlsystem, bei dem jeder mitmachen kann".

Das Verfahren von Vodafone und O2 soll nicht nur für deren insgesamt 13 Millionen Kunden, sondern für alle Handynutzer in Deutschland zugänglich sein. Dazu muss man sich kostenlos registrieren. Wer im Internet die Einkaufstour startet, gibt zum Bezahlen Handynummer samt Passwort auf dem Rechner ein. Der Käufer bekommt eine SMS, die er bestätigen muss. Erst danach geht der Betrag per Lastschrift vom Konto. Abgesehen von der SMS koste das Verfahren den Käufer nichts, sagt Jochen Bornemann, Marketingleiter bei Vodafone. "Der Verkäufer bekommt keine Kundendaten, sondern nur die Überweisung", erläutert er und bezeichnet das Bezahlverfahren als sicher.

Entscheidend für den Erfolg ist nach Ansicht des Internetverbands Eco, dass sich viele Leute an dem Verfahren beteiligen - nicht nur Käufer, sondern auch Händler. Mit diesen werde verhandelt, sagt Bornemann.

Anders als bei Vodafone und O2 gilt "Call & Pay Flexible" zunächst nur für die Bezahlung an Automaten und funktioniert ohne Internet. Wer sich am Bahnhof am Süßigkeitenautomaten bedienen will, wählt eine kostenlose 0800-Nummer für seine gewünschte Nascherei. Sämtliche Transaktionen werden dann einmal im Monat über die Festnetzrechnung abgerechnet.

Jochen Bornemann bezeichnet derartige Verfahren als "ersten Schritt, um den Kunden an das mobile Bezahlsystem zu gewöhnen". Interessant sei es vor allem bei kleinen Beträgen. Die Zukunft sieht Vodafone aber in der Near Field Communication (NFC). Diese drahtlose Technik ermöglicht etwa in Japan längst den Einkauf im Supermarkt per Handy, den Ticketkauf bei der Bahn oder das Abheben von Geld. Spezielle Lesegeräte an der Kasse erkennen dort den NFC-Chip des Handys, wenn man es daran hält. Die fälligen Rechnungen flattern dann mit der Mobilfunk-Rechnung ins Haus. Doch bis Deutschland hier den Anschluss an Japan oder den Nachbarn Österreich gefunden hat, wird nach Expertenansicht noch das eine oder andere Jahr vergehen.