Stuttgart. Sonst versuchen Kommissare in der Regel, die bösen Buben ins Gefängnis zu bringen. Im Tatort „Freigang“ am Pfingstmontag sitzt er aber bereits hinter Gittern: Aus der JVA Zuffenhausen heraus soll der Täter seine Ex-Frau ermordet haben. Doch wie? Ermittler Thorsten Lannert sucht nach der Lösung.

Die Welt ist schlecht, und auf nichts ist mehr Verlass, noch nicht mal auf den Knast, wo gemeinhin Spitzbuben und Verbrecher von aufrechten Justizvollzugsbeamten und psychologisch geschultem Personal auf ihre Rückkehr in die Gesellschaft vorbereitet werden.

Im Tatort „Freigang“ (Pfingstmontag, ARD, 20.15 Uhr) führt jedoch eine Spur die Stuttgarter Hauptkommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) mitten hinein in dieses Paralleluniversum hinter hunderten eisernen Stäben.

Es ist was faul in der JVA Zuffenhausen

Die Ausgangslage ihres neuen Falles ist auf den ersten Blick recht simpel. Nach dem Mord an einer Frau schränken die gefundenen DNA-Spuren den Täterkreis rasch auf eine einzige Person ein: den Ex-Ehemann. Doch der Bursche sitzt im Knast, kann also unmöglich der Täter sein. Unmöglich? Die Ermittler stutzen.

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Zwei Jahre zuvor hat es bereits einen ähnlichen Fall gegeben. Auch damals gab es DNA-Spuren, auch damals saß der Täter zum Tatzeitpunkt in just jenem Kittchen – übrigens dem modernsten Baden-Württembergs. Es ist was faul in der Justizvollzugsanstalt Zuffenhausen. Nur was genau?

Thorsten Lannert erinnert sich seiner beruflichen Wurzeln, war er doch vor seinem Dienstantritt im Ländle in Hamburg als verdeckter Ermittler tätig. Und so wird aus dem Hauptkommissar ein Vollzugsbeamter, der in der Anstalt rasch auf merkwürdige Vernetzungen, Abhängigkeiten und auch Korruption stößt.

In seinen Fokus gerät vor allem der aalglatte und zuweilen großkotzige Sicherheitschef der JVA, Andreas Franke (Herbert Knaup). Ein heikler Einsatz. Lannert muss überaus bedächtig vorgehen, will er seine Enttarnung nicht riskieren.

Regisseur Martin Eigler und Drehbuchautor Lars Neuwöhner hätten den bequemen Weg wählen und ein krawalliges und brutales Knastmilieu voller Klischees schildern können. Sie verzichten jedoch weitgehend darauf und beschränken sich stattdessen auf zwei klare Handlungsstränge, die sich mit jeder weiteren Minute und mit überraschenden Wendungen immer weiter zu einem einzigen verknüpfen.

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Spannung erzeugt vor allem das Wechselspiel zwischen drinnen und draußen. Denn während Hauptkommissar Lannert allein in der fremden und abgeschotteten Gefängniswelt sensibel wie ein Seismograph die kleinsten Erschütterungen im knästlichen Miteinander registriert, irrlichtert sein Kollege Bootz gepeinigt von privaten Problemen vor den Mauern durch die Ermittlungen.

Richy Müllers reduziertes Spiel gegen Herbert Knaups Gepolter

Schauspielerisch ist das mehr als überzeugend. Richy Müllers angenehm reduziertes Spiel, ohne wildes Gestikulieren, ohne rollende Augen, findet in Herbert Knaups fiesem und polterndem Sicherheitschef Franke den perfekten Widerpart. Und auch Felix Klare gewinnt der Figur des innerlich zerrissenen, aber dennoch pflichtbewussten Sebastian Bootz immer wieder neue Facetten ab.

Trotz des einen oder anderen dramaturgisch überflüssigen Schlenkers bleibt das Fazit: Schwaben können alles (außer Hochdeutsch), aber Tatort können sie besonders gut – zumindest in diesem Fall, der so ungewöhnlich gestrickt und auch erzählt ist.