München. 27,2 Millionen Euro - und kein Ende? Am zweiten Prozesstag kommt es noch heftiger für Uli Hoeneß. Nach der Sichtung neuer Unterlagen schnellt die mögliche Steuerschuld weiter in die Höhe. Der Bayern-Boss muss mehr denn je eine Freiheitsstrafe befürchten.

Die Verteidigungstrategie von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist durch die Aussage einer Steuerfahnderin massiv ins Wanken geraten: Im Steuerprozess vor dem Landgericht München II schilderte sie am Dienstag, wie Hoeneß die Finanzverwaltung nach seiner Selbstanzeige hingehalten hat. Außerdem errechnete sie eine neue Steuerschuld von nun 27,2 Millionen Euro - dies wäre bei einer Verurteilung relevant für die Haftdauer.

Hoeneß ist wegen sieben Fällen von Steuerhinterziehung angeklagt. Zum Prozessauftakt hatte er überraschend eine Steuerhinterziehung von mindestens 18,5 Millionen Euro gestanden - mehr als das Fünffache der in der Anklage genannten 3,5 Millionen Euro.

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Inzwischen errechnete die Steuerfahnderin auf Grundlage von Hoeneß nachgereichter Unterlagen, dass zu den 3,5 Millionen tatsächlich noch 23,7 Millionen Euro hinzukommen und er also 27,2 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hat. Dies ist demnach die Mindestsumme - die Frau machte die vorläufige Berechnung zugunsten von Hoeneß. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass bei einer Verurteilung die Höhe der hinterzogenen Summe ausschlaggebend ist - Hoeneß drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Steuerfahnderin bekam Informationen erst zwei Wochen vor Prozessbeginn

Wie die Steuerfahnderin Gabriele H. sagte, übergaben die Verteidiger von Hoeneß USB-Sticks mit PDF-Dateien zu den Kontobewegungen seiner Schweizer Konten erst am 27. Februar 2014, also erst knapp zwei Wochen vor dem Prozessbeginn. Die übergebenen PDF-Dateien seien zwar erst am 24. Februar 2014 erstellt worden. "Die Grund-PDF-Dateien wurden allerdings schon am 18. Januar 2013 erstellt", sagte die Steuerfahnderin. Dies hätten die IT-Experten der Steuerfahndung festgestellt.

Für Hoeneß' Hoffnungen, dass seine Selbstanzeige vor Gericht doch noch als gültig anerkannt wird und er damit straffrei davonkommt, bedeutet die Aussage einen massiven Dämpfer. Eine strafbefreiende Selbstanzeige muss nach den gesetzlichen Vorgaben umfassend sein. Die Staatsanwaltschaft hatte seine am 17. Januar 2013 eingereichte Selbstanzeige aber bereits als unvollständig eingestuft und deshalb nicht anerkannt.

Die Verteidiger von Hoeneß beharrten hingegen darauf, dass die Bank bis zu diesem Februar zum Vorlegen der Daten gebraucht habe - die Dateien vom 18. Januar 2013 seien nur unbearbeitete Daten gewesen, die nicht hätten eingereicht werden können.

Hoeneß ließ Ultimatum verstreichen

Die Steuerfahnderin berichtete von mehreren Gesprächen und Treffen, bei denen Hoeneß über seine Steuerberater und Anwälte Angaben zur ursprünglichen Anzeige ergänzte oder das Nachreichen von Daten ankündigte. So seien am 21. Februar 2013 ergänzende Angaben zur Selbstanzeige gemacht worden. Im März 2013 habe sich Hoeneß' Steuerberater zur "umfassenden Mitarbeit" bereit erklärt. Die von den Fahndern angeforderten Unterlagen zu den Devisengeschäften von Hoeneß seien aber dennoch nicht nachgereicht worden.

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Die Steuerfahnderin sagte, sie habe am 9. Dezember eine letztmalige Anforderung aller Unterlagen bei Hoeneß' Steuerberater angemahnt. Staatsanwalt Achim von Engel ließ noch ein Dokument verlesen, laut dem er die Unterlagen ultimativ zum 10. Juni vergangenen Jahres eingefordert hatte. Auch dieses Ultimatum ließ Hoeneß verstreichen.

Das Gericht lud für Mittwoch einen weiteren Zeugen. Dennoch könnte das Urteil doch wie vorgesehen am Donnerstag fallen, sagte Gerichtssprecherin Andrea Titz. Sie änderte damit die Einschätzung, dass sich das Verfahren verlängern könnte. (afp)