München.

Was macht einer, der sich unwohl fühlt in seiner Haut und das zu verbergen versucht? Er blickt geradewegs in die Kameras, wie Uli Hoeneß das tut, lächelt tapfer und scheinbar selbstbewusst. Aber seine Hände, die nervös am Stuhl Halt suchen, sagen anderes. Der Bayern-Präsident als Steuersünder vor Gericht. Tag eins.

Susanne Hoeneß, die sie hier in München alle Susi nennen, sitzt lange unerkannt im Gericht, als ihr Mann sein Geständnis ablegt. Mit schwerem Gang hat sie den Saal 134 des Justizpalastes betreten, sitzt nun vis à vis von ihm. Wenig später wird Uli Hoeneß seine Erklärung abgeben.

Es ist das Geständnis eines Bereuenden, eines Mannes, der weiß, dass er in diesem Prozess mitarbeiten muss, wenn er das Gericht als freier Mann wieder verlassen will. Sein Verteidiger Hanns Feigen, der als einer der besten Wirtschaftsanwälte im Land gilt, nennt das: „Die vollständige Rückkehr des Uli Hoeneß zur Steuerehrlichkeit.”

„Spekulationen nicht gelohnt“

Und Hoeneß erzählt. Wie er mit „kleinen Beträgen“ unter 50 000 Euro zu spekulieren beginnt, wie er das ominöse Schweizer Konto nur zum Zocken benutzt und später mit Beträgen hantiert, „die im Nachhinein schwer vorstellbar sind”. Millionen sind es, die er gewinnt, die er verliert. Als er nach dem Börsen-Crash von 2000 schwere Verluste erleidet, greift ihm der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfuss mit 20 Millionen Euro unter die Arme. Hoeneß zockt weiter. Tag und Nacht. Zuletzt alles andere als erfolgreich. Er sagt: „Ich muss leider feststellen, dass sich die Spekulationen unter dem Strich nicht gelohnt haben. Denn die hier in Rede stehenden Jahre habe ich trotz zwischenzeitlicher Gewinne mit einem Millionenverlust abgeschlossen.”

Bei all dem wusste er natürlich, was er tat: Steuern hinterziehen. Und er hoffte auf das deutsch-schweizerische Steuerabkommen, das jedoch nicht zustande kam. Danach habe er den Zeitpunkt verpasst, die Angelegenheit ins Reine zu bringen, sagt er vor Gericht.

Als am 15. Januar 2013 ein Mitarbeiter der Schweizer Vontobel-Bank anruft, von Recherchen eines „Stern“-Reporters berichtet, „habe ich einen ganz großen Schrecken bekommen”. Am nächsten Tag entsteht die Selbstanzeige, nachts mit Steuerfachleuten zusammengestellt, am nächsten Morgen von seinem Sohn Florian zum Finanzamt in Rosenheim gebracht.

Dennoch stehen im März die Steuerfahnder vor der Tür, durchsuchen sein Haus, nehmen ihn fest. „Das hat mich tief geschockt”, sagt Hoeneß. Die Selbstanzeige sei nicht vollständig, sagen die Fahnder. „Die Folgen für mich und meine Familie waren katastrophal. Wir wurden belagert, ich bekam Morddrohungen. Aber ich will nicht jammern. Wäre ich von Anfang an steuerehrlich gewesen, dann säße ich jetzt nicht hier.”

Anzeige in Ruhe aufgesetzt

Er sei allerdings nicht in Panik, in Hektik gewesen, er habe die Selbstanzeige in aller Ruhe aufgesetzt, erklärt er Richter Rupert Heindl. Schon im Herbst zuvor habe er entschieden, sich steuerlich vollständig zu erklären. Aber es habe immer wieder Hindernisse gegeben. Zuletzt sei der Chefdevisen-Händler der Vontobel-Bank im Urlaub gewesen. Nein, die „Stern“-Anfrage habe keine Rolle gespielt bei der Selbstanzeige, betont er. Und da scheint seinem Verteidiger Hanns Feigen der Kragen zu platzen. Er schlägt mit der flachen Hand auf die Anklagebank, unterbricht Hoeneß lautstark: „Erzählen Sie doch nichts, natürlich hat das eine Rolle gespielt!” Was Feigen andeuten will: Die Recherchen hätten Hoeneß und seine Vertrauten in Panik versetzt, die Selbstanzeige sei deshalb womöglich überstürzt verfasst worden.

Auch Richter Heindl hat da schon mehrfach hartnäckig und ungläubig insistiert, wenn Hoeneß seine diversen Geschäfte nicht ganz plausibel erklären kann.

Am Ende des Prozesstages bleibt Hoeneß ein wenig hilflos an der Anklagebank stehen. „Ich will vor allem mit mir ins Reine kommen”, hat er am Morgen erklärt. Nun wirkt er unsicher. Wie einer, der Sorge hat, was da noch kommen mag.