Essen.. Uli Hoeneß hofft in seinem Prozess wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe auf ein möglichst mildes Urteil. Verständlich. Er hat in der Vergangenheit Reue gezeigt und im Prozess seine Schuld gebeichtet. Doch Theologen sagen: zur vollständigen Buße ist es für Hoeneß ein viel weiterer Weg.

Wer will es Uli Hoeneß verdenken, dass er in diesen für ihn so belastenden Tagen etwas Abwechslung sucht. So ließ der Präsident des Fußballbundesliga-Rekordmeisters FC Bayern München am Dienstag mitteilen, nach dem zweiten Verhandlungstag in seinem Prozess wegen Steuerhinterziehung wolle er am Abend das Champions-League Rückspiel gegen den FC Arsenal auf der Tribüne in der Münchner Arena verfolgen.

Business as usual also, nach diesem Prinzip verhält sich Uli Hoeneß, der weiterhin Präsident des FC Bayern München ist und Vorsitzender des Aufsichtsrats. Hoeneß hat bei einer viel beachteten Vereinsversammlung öffentlich Reue (und Tränen) gezeigt. Er hat zum Start des Prozesses vor dem Münchner Landgericht gebeichtet, dass er weit mehr Steuern hinterzogen hat, als bisher bekannt war, nämlich 18,5 Millionen Euro. Am Dienstagnachmittag erhöhte die Staatsanwaltschaft die Summe: nun werden ihm mehr als 27 Millionen Euro vorgehalten.

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Hoeneß hat erklärt, dass er sein "Fehlverhalten" bedaure und versichert, nun "reinen Tisch" zu machen: "Sämtliche Steuern werde ich natürlich zurückzahlen", hat Hoeneß gesagt. Doch der Weg zu wirklicher Buße, meinen Theologen, ginge viel weiter.

Den Armen "das vierfache dessen zurückgeben"

Was das bedeutet? Der Essener Theologe Dr. Herbert Fendrich verweist auf das Lukas Evangelium. Im 19. Kapitel wird die Begegnung eines Zöllners mit Jesu geschildert. In deren Folge erklärt der Zöllner - "in der Bibel Figur des typischen Sünders" -, er wolle den Armen, von denen er zuviel verlangt habe, "das vierfache dessen zurückgeben". Ob Uli Hoeneß soweit gehen wird, dem Staat aus bloßer Buße mehr als 100 Millionen Euro zurückzuzahlen?

Für Fendrich ist aber ein anderer Begriff von Buße in der Bibel entscheidend: das Motiv der "Umkehr". Buße meint die "Umkehr des Menschen zu Gott, von dem er sich wegen seiner Sünden entfernt hat", erklärt Fendrich. Würde Hoeneß tatsächlich beabsichtigen sein Leben auf "Null" zu stellen, würde das bedeuten, dass er ein anderes Leben führen müsste, sich an anderen Werten orientiert.

Diese in der Bibel propagierte Umkehr sei als "Chance auf einen Neuanfang" zu verstehen und als "Einladung zu etwas Positivem", erklärt der Essener Theologe. Sein Fazit: "Aus dem biblischen Denken heraus würde das bedeuten, dass Uli Hoeneß seine Ämter im Verein nicht behalten kann". Für Fendrich deute aber Hoeneß' Aussage, er habe aus Spielsucht gehandelt, eher darauf hin, dass er versuche, sich von seinen Taten zu distanzieren.

"Ein Rücktritt Hoeneß' hätte Vorbildwirkung"

Für den Wirtschaftsethiker Prof. Gerhard Wegner vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche Deutschlands wäre ein Rückzug von Hoeneß' aus der Öffentlichkeit  "auch gut für die öffentliche moralische Hygiene". Weil es auch Vorbildwirkung habe, "wenn jemand in einer solchen Lage zeigt, dass er Verantwortung für seine Verfehlungen übernimmt". Ohnehin hat Hoeneß' Fall für Wegner eine gesellschaftliche Dimension: "Es ist offenbar so, dass die Möglichkeit auf dem Finanzmarkt zu zocken, breite Kreise in der Gesellschaft ergriffen hat". Die Forderung der Kirchen, die Finanzmärkte zu regulieren, sei vor diesem Hintergrund "völlig harmlos", sagt Wegner: "So ein Suchtverhalten kann man nicht kontrollieren, eigentlich müsste man dieses Börsen-Casino stilllegen".  Und es sei nun mindestens an der Zeit ein Berufsethos für Investmentbanker zu formulieren, meint Wegner. "Dann hätte man Hoeneß in der Schweizer Bank vielleicht von seinem Tun abgehalten".

Dass Hoeneß in der öffentlichen Meinung nach wie vor großen Rückhalt erlebe, hält Wegner "für bedenklich". Er erklärt es als Folge eines "Herdenverhaltens" bei Anhängern und Verein. "Es bräuchte einzelne Leute in seinem engen Umfeld, die ihm auch mal widersprechen", meint Wegner. So würden Hoeneß genug Gründe gegeben, sich in seinem Tun bestärkt zu fühlen.

"Unsere Kultur verlangt nach Buße"

Aus Sicht der Bochumer PR-Unternehmerin Regine Hellwig-Raub deutet bei Hoeneß vieles darauf hin, dass er in punkto Image-Strategie "bereits auf eine Rückkehr hin" arbeitet. Sein bisheriges Auftreten vor Gericht sei darauf ausgerichtet "seine Reputation einigermaßen zu halten", meint die PR-Fachfrau. Die Verweise auf die Spielsucht, den Versuch, dem Züricher Bankmitarbeiter die Schuld zuzuweisen, seien "Strategien aus dem Handbuch der Krisen-PR". Die dazu dienen, "eine Entlastung von Vorwürfen zu erreichen".

Doch auch Hellwig-Raub glaubt, dass sich Hoeneß noch zur Buße genötigt sehen wird, die nur "Rücktritt von allen Ämtern" bedeuten könnte. "Unsere Kultur und unsere Empfinden verlangen nach Buße", sagt Hellwig-Raub. Eine spätere Rückkehr von Hoeneß in diese Ämter mag sie aber nicht ausschließen - frei nach dem biblischen Prinzip der "Umkehr"; Wenn Hoeneß denn einen Weg der Läuterung hinter sich hat.

An diesem Mittwoch steht dem Präsidenten des FC Bayern München jedenfalls erstmal wieder der Weg vor Gericht bevor. Tag drei in seinem Steuerhinterziehungsprozess. Vom Spiel seiner Kicker gegen den Arsenal F.C. wird abhängen, wie gelöst Hoeneß auftritt.