München. Uli Hoeneß ist das Gesicht des FC Bayern. Mit seiner Aura steht er wie kein anderer für Erfolgsbesessenheit und Anspruchsdenken des Clubs. Die Steueraffäre hat sein öffentliches Bild schwer beschädigt, seine Macht als Vereinspräsident blieb aber bisher erhalten.

Vor kurzem durfte sich Uli Hoeneß mal wieder als mächtiger Patron des FC Bayern in Szene setzen. Gerade hatten er und seine Kollegen beim Fußball-Rekordmeister die Millionen-Partnerschaft mit einem dritten namhaften Investor besiegelt und den deutschen Vorzeigeclub mit dem Millionendeal auch beim eigenen Stadion gänzlich entschuldet, da sprach der Vereinspräsident von "einem Traum" und "großem Stolz". Ein wenig hatte es den Anschein, als erzählte Hoeneß von seinen Kindern. Wobei: Eigentlich stimmt das sogar. Eigentlich ist der FC Bayern Hoeneß' erfolgreichster Zögling.

Hoch oben auf der Stadiontribüne sitzt der Machtmensch meist mit angespannter Miene, Brille und einem rot-weiß-gestreiften Schal. Und oft dient Hoeneß als personifizierter Beleg für die Stimmung im Fußballverein: Läuft's schlecht, schaut der 62-Jährige bedrückt und deprimiert drein. Er ist damit für die Fans viel leichter zu fassen als sein Stammnachbar, der Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der Niederlagen wie Siege viel ausdrucksloser wegsteckt.

Ein Mann des Volkes

Als der FC Bayern im Sommer vor zwei Jahren im eigenen Stadion das Champions-League-Endspiel gegen den englischen Topclub FC Chelsea verloren hatte, kauerte Hoeneß derart mitgenommen und geknickt in seinem Arenasessel, dass sich viele Anhänger noch ein Stückchen mehr mit ihrem Big Boss verbandelt sahen. Ein Jahr später konnte Hoeneß im Londoner Wembley-Stadion den 2:1-Finalsieg gegen Borussia Dortmund bejubeln. Er tat das allerdings bei weitem nicht so ausgelassen, wie es wohl ohne die belastende Steueraffäre der Fall gewesen wäre.

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Uli Hoeneß als Mann des Volkes - das passte über Jahrzehnte fast immer. Nicht nur auf den Stadiontribünen dieser Fußballwelt. Auch weit über den Sport hinaus gab er gerne den Vorkämpfer für Gerechtigkeit, Fairness und Loyalität. Seine Meinungen, Aussagen und Stellungnahmen hatten oft genug politische Sprengkraft.

Metzgersohn spendet großzügig

Immer wieder untermauerte der Metzgersohn seine Glaubwürdigkeit mit Taten. Er spendete großzügig oder trat in Talkshows meinungsstark fürs Gemeinwohl ein. Tage nach dem S-Bahn-Mord an Manager Dominik Brunner nahm er vor einem Bundesligaspiel 69 000 Zuschauer ins Gebet und forderte Zivilcourage. "Es ist schockierend, dass viele Passanten dieses Drama miterlebt und nicht aktiv eingegriffen haben", sagte er.

In ungezählten Fällen unterstützte Hoeneß ehemalige Bayern-Spieler, die in persönliche Krisen geraten waren. Er verhalf ihnen zu Jobs und Zukunft. Selbst als der brasilianische Verteidiger Breno vor zwei Jahren wegen schwerer Brandstiftung kurz vor einer Haftstrafe stand, versuchte Hoeneß alles, um seinen Profi vor dem Gefängnis zu bewahren. Hoeneß und die Münchner Staatsanwaltschaft begegnen sich also nicht zum ersten Mal, wenn am 10. März der Steuerhinterziehungsprozess gegen ihn beginnt.

Werte im deutschen Fußball gepredigt

Wie kein anderer hat Hoeneß im deutschen Fußball Werte gepredigt. Für in Not geratene Vereine verordnete er seinen Profis zahlreiche Benefizspiele. Er setzte sich als Vorreiter des Financial Fair Plays in Szene, das den Graben zwischen finanzstarken und ärmeren Clubs international etwas kleiner machen soll. Andererseits war er immer eine streitbare Figur, die polarisiert. Legendär sind die Dauerfehden mit seinem früheren Managerkollegen Willi Lemke oder Fußballcoach Christoph Daum. Auch in Talkshows verteidigte er seine Meinungen lautstark, emotional und mit hochrotem Kopf. Understatement war nie seine Stärke; Großspurigkeit und Selbstgerechtigkeit wurden ihm oft vorgeworfen.

Die besten Zitate zur Steuer-Affäre von Uli Hoeneß

Uli Hoeneß am 2. Mai 2013 in der "Zeit"

"Ich fühle mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu. Ich mache mir natürlich riesige Vorwürfe. Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch."

Hoeneß am 2. Mai 2013 in der "Zeit" über seine Börsen-Spekulationen

"In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin."

Hoeneß am 24. April 2013 in der "Sport Bild"

"Ich habe erkannt, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe, den ich versuche, mit der Selbstanzeige zumindest halbwegs wiedergutzumachen. Ich will reinen Tisch machen. Das Gesetz bietet ja diese Möglichkeit."

Karl-Heinz Rummenigge zum 60. Geburtstag von Hoeneß

"Uli ist der Vater Teresa vom Tegernsee, der Nelson Mandela von der Säbener Straße und die Mutter aller Manager."

Hoeneß 2011 im Magazin "Brand Eins"

"Natürlich will ich Erfolg, aber nicht um jeden Preis. Wenn es um Geld geht, muss man auch mal zufrieden sein."

Uli Hoeneß 2005 in einem Interview der "Bild"-Zeitung

"Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern."

Bastian Schweinsteiger zur Zulassung der Anklage

"Wir tun ihm den größten Gefallen, wenn wir die Spiele gewinnen und Erfolg haben."

Franz Beckenbauer

"Ich denke, wir sollten niemanden verurteilen, der mal einen Fehler gemacht hat. Selbst die katholische Kirche gewährt eine zweite Chance."

Regierungssprecher Steffen Seibert im November 2013

"Das sind rechtsstaatliche Abläufe, die wir hier nicht mit Gefühlen zu kommentieren haben. Der Rechtsstaat nimmt seinen Lauf."

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Andererseits wäre der FC Bayern ohne Uli Hoeneß nicht das, was er heute ist: Die Nummer eins in Deutschland und einer der ganz wenigen Triple-A-Clubs in Europa. Seit Jahrzehnten steht Hoeneß mit seinem Gesicht persönlich für den mächtigsten und erfolgreichsten, aber auch polarisierendsten Fußballclub Deutschlands. Mit 19 Jahren schon war er Profi, mit 20 Fußball-Europameister, mit 22 Weltmeister - und mit 27 Sportinvalide. Umgehend begann er 1979 seine Manager-Laufbahn bei den Münchnern und formte den damals verschuldeten Verein zu einer Weltmarke mit Riesenumsätzen. Großen Erfolg hatte er nebenbei mit seiner florierenden Wurstfabrik in Nürnberg. 2009 zog er sich vom Manager-Amt zurück und ist seither Vereinschef der Münchner.

Image hat gewaltige Risse

Hoeneß' Gutmenschen-Image hat durch den Steuerfall gewaltige Risse bekommen. Da halfen auch die Tränen bei der Jahreshauptversammlung Ende 2013 wenig. Einem wie ihm, der gerne mit erhobenem Zeigefinger Moralpredigten hielt, verzeihen die Menschen nicht ohne weiteres.

Hoeneß hat Sympathien eingebüßt, aber seine Macht im Verein bisher weitgehend erhalten. Er führt weiter den Aufsichtsrat der FC Bayern AG an. Mächtige Mit-Aufsichtsräte und Wirtschaftsführer wie Martin Winterkorn (VW), Herbert Hainer (Adidas) oder Rupert Stadler (Audi) standen bislang zu ihm. Daran könnte wohl allein Richter Rupert Heindl etwas ändern, sollte dieser Hoeneß ins Gefängnis schicken. (dpa)

Die größten Duelle zwischen dem BVB und Bayern

3. April 1999

Dieses Spiel bietet alles: Ein früher Platzverweis gegen Bayerns Samuel Kuffour. Eine 2:0-Pausenführung des BVB durch Doppelschlag von Heiko Herrlich. Dann Gelb-Rot gegen Dortmunds Stefan Reuter, 2:2-Ausgleich durch Zickler und Jancker und dann hält Oliver Kahn noch einen Elfmeter von Lars Ricken.

In Erinnerung bleibt der Bayern-Torwart aber vor allem wegen anderer Szenen: Nach eine bereits abgepfiffenen Aktion schnappte sich Kahn den Ball und sprang in bester Karate-Manier mit ausgestrecktem Bein auf BVB-Stürmer Chapuisat zu - traf ihn aber nicht.

Später kniff er noch Andreas Möller ins Ohr und nachdem Herrlich ihn im Luftduell gerempelt hatte, biss er diesem in den Hals. Kahns lapidarer Kommentar: „Der Trainer hatte gesagt, wir sollen uns am Gegner festbeißen. Das habe ich beherzigt."

12. Mai 2012

In Berlin erlebt der FC Bayern München die ultimative Demütigung: Nachdem der BVB schon den Meistertitel verteidigt hat, nimmt er den Rekordmeister im Pokalfinale nach allen Regeln der Kunst auseinander.

5:2 heißt es am Ende, dreimal trifft Robert Lewandowski. Einzig Bayerns Arjen Robben hat so etwas wie ein Erfolgserlebnis: Er verwandelt in einem wichtigen Spiel einen Elfmeter - das gelingt ihm in dieser Saison nicht allzu oft.

9. August 1986

Wer heute den Namen Frank Mill hört, hat sofort diese Szene vor Augen, die Mutter aller Großchancen: Mill bestreitet zum Saisonauftakt sein erstes Spiel für den BVB, ausgerechnet gegen die Bayern. Beim Stand von 1:1 taucht er nach langem Pass allen vor Bayern-Torwart Pfaff aus, umspielt diesen locker - und hat auf einmal ganz viel Zeit.

Mill gerät ins Nachdenken, will es besonders kunstvoll machen, stolpert, sieht Pfaff von hinten heranrauschen und setzt den Ball aus zwei Metern überhastet an den Pfosten. Das Spiel endete 2:2, Mill schoss in der Saison noch 17 Tore - und wird doch immer wieder auf den Pfostenschuss reduziert. "Immerhin", sagt er heute, "jede Oma, jede Wurstverkäuferin kennt diese berühmte Szene."

19. April 1997

Eine weitere berühmte Szene lieferten Lothar Matthäus und Andreas Möller ab. Der Dortmunder - noch bestens wegen seiner "Schutzschwalbe" gegen den Karlsruher SC in Erinnerung - hatte damals eine gewisse Neigung entwickelt, beim Schiedsrichter Beschwerden einzulegen. Irgendwann wurde es Matthäus zu bunt, er nannte Möller eine "Heulsuse" und wischte sich die imaginären Tränen aus dem Gesicht.

Die Reaktion des Dortmunders traf ihn unvorbereitet: Statt zu heulen platzierte Möller seine Hand wenig liebe- und dafür um so schwungvoller auf der Wange des Münchners.

25. Mai 2013

Wer sich nur ein wenig für Fußball interessiert, wird dieses Duell nicht vergessen haben: Der BVB und die Bayern trafen im Champions-League-Finale aufeinander - und das ausgerechnet in Wembley, dem englischen Nationalheiligtum, was die Engländer mächtig wurmte. Und es wurde ein intensives Duell: Nach einer Stunde traf Mandzukic zum 1:0 für die Bayern, nur acht Minuten später glich Gündogan per Elfmeter aus - und dann kam Robben.

Sein Treffer zum 2:1 in der 89. Minute stürzte die BVB-Profis ins Tal der Tränen - da konnten auch die über 10.000 Fans nicht wirklich trösten, die ihre Helden nach der Rückkehr aus London im Signal Iduna Park empfingen.

11. April 2012

Am 30. Spieltag stieg die vorentscheidende Partie um die Deutsche Meisterschaft: Titelverteidiger Borussia Dortmund empfing Bayern München. Die Gäste lagen vor dem Spiel mit drei Punkten Rückstand auf Tabellenrang zwei, mussten also unbedingt gewinnen, um sich die Meisterschaftschance zu erhalten. Doch es waren die Dortmunder, die in Person von Lewandowski zuerst trafen.

Und kurz vor Schluss folgten die Szenen, die in keinem Saisonrückblick fehlten: Bayern-Rechtsaußen Robben wurde von BVB-Torwart Weidenfeller im Strafraum von den Beinen geholt, Weidenfeller hielt gegen Robben und BVB-Verteidiger Subotic baute sich direkt vor dem Münchner auf und brüllte diesem wohl nicht nur seine Erleichterung ins Gesicht.

7. April 2001

Das Spiel endete 1:1 - doch das interessierte später kaum noch jemanden. Denn Fußball gespielt wurde höchstens am Rande, wie schon der Statistik-Bogen nach der Partie verriet: 13 gelbe Karten waren dort vermerkt; Lizarazu, Evanilson und Effenberg mussten den Platz vorzeitig verlassen.

Effenberg hatte Dede einen Ellbogencheck verpasst und verabschiedete sich mit Luftküssen aus dem Westfalenstadion - der Tiger verstand sich eben schon immer auf Deeskalation.

9. November 2002

Nach dem 12. Spieltag stand BVB-Stürmer Jan Koller im Fachmagazin "kicker" in der Elf des Spieltags. Das wäre nicht weiter ungewöhnlich gewesen, wäre er nicht auf der Position des Torhüters eingetragen gewesen. Und das war nicht etwa Folge einer geistigen Umnachtung der zuständigen Redakteure, sondern eines äußerst kuriosen Spitzenspiels. Schon nach sieben Minuten fälschte Koller - da noch auf der angestammten Position - einen Schuss von Marcio Amoroso ins Bayern-Tor ab.

Doch schon in der 41. Minute musste BVB-Spieler Thorsten Frings mit Gelb-Rot vom Platz. Nach etwa einer Stunde drehte ein Bayern-Doppelpack das Spiel und BVB-Torhüter Jens Lehmann beschwerte sich derart vehement darüber, dass auch er die Ampelkarte sah. Weil BVB-Coach Sammer sein Wechselkontingent aufgebraucht hatte, musste der lange Koller ins Tor und machte das nicht einmal schlecht: Flanken fischte er sicher herunter und kurz vor Schluss hielt er einen Schuss von Michael Ballack fest - nur bei den Abwürfen wirkte er seltsam ungelenk.

23. April 2008

Es war gar nicht das DFB-Pokalfinale selbst, was zum modernen Klassiker geriet: 1:2 unterlag der BVB dem FC Bayern - so weit so gut. Doch in der Pressekonferenz am folgenden Mittwoch verlor BVB-Trainer Thomas Doll - gelinde gesagt - ein wenig die Fassung und ließ eine fünfminütige Wutrede vom Stapel. Einen der vielen rhetorisch und anatomisch fragwürdigen Höhepunkte dokumentieren wir im Folgenden ungekürzt.

"Wenn man was Schlechtes sehen will, sieht man was Schlechtes. Wenn man die andere Seite sehen will, kann man vielleicht auch mal die andere Seite sehen. Und das ist das, was mich so ärgert. Wir sollen jetzt am Freitagabend ne Mannschaft auf dem Platz bringen, die hier durchs Feuer geht, wo aber acht Mann eigentlich gar keine Rolle mehr spielen. Da lach ich mir doch den Arsch ab! Echt!

Und das ist das, was mich ärgert. Und wir brauchen uns hier nicht hinsetzen jedes Mal, ob ein Kehl am Wochenende spielt, ob der am Wochenende spielt, ist doch alles blablabla ist das doch. Alles blablabla ist das." Zum Saisonende bot der Trainer dann seinen Rücktritt an - und BVB-Boss Hans-Jachim Watzke soll nicht allzu lange überlegt haben, bevor er annahm.

27. November 1971

Was soll man zu so einem Spiel großartig sagen? Der BVB wurde an der Grünwalder Straße so richtig in seine Einzelteile zerlegt. 11:1 hieß es am Ende aus Sicht der Münchner, es trafen: viermal Müller, zweimal Uli Hoeneß, zweimal Roth, je einmal Hoffmann, Beckenbauer und Breitner.

Ein schwacher Trost: Die Bayern schossen in der Saison insgesamt 101 Tore, es kamen also auch andere Mannschaften ordentlich unter die Räder. Gar kein Trost: Es war nicht die höchste BVB-Bundesliga-Niederlage aller Zeiten. Die erlebten die Dortmunder in der Saison 1977/1978: ein 0:12 bei Borussia Mönchengladbach.

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