München.

„Champagner Willi“ kam nach einer Stunde gut gelaunt aus dem Gericht. Die Kammer hatte den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden des FC Bayern wegen Steuerhinterziehung zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Er sei „froh“, die Last los zu sein, sagte der Münchner Fußballmanager.

Das hat sich im Jahr 2003 so abgespielt. Der Verurteilte war Willi O. Hoffmann. Er hatte den Spitzenverein der Liga von 1979 bis 1985 geführt und den Staat später um 175 000 Euro geprellt. Liegen Steuersünden in den FC-Genen? Ab Montag steht der aktuelle Bayern-Boss vor dem Kadi.

Wieder geht es um Steuerhinterziehung. Wieder urteilt das Landgericht München II. Der heutige Aufsichtsratschef Uli Hoeneß aber muss zweifeln, mit zwölf Monaten auf Bewährung davonzukommen. Im Promi-Prozess des Jahres kann es passieren, dass der Vorsitzende Rupert Heindl den Angeklagten hinter Gitter schickt.

Der Haftbefehl ist nur ausgesetzt

Wer eine Million Euro hinterzieht, der hat Haft verdient, hat der Bundesgerichtshof den Gerichten vorgegeben. Hoeneß soll nach der 30-Seiten-Anklage, die von einem schweren Fall ausgeht, 3,5 Millionen hinterzogen haben. Freunde sagen: Deshalb – und weil bei der Durchsuchung seines Hauses über dem Tegernsee im März 2013 „die Hölle für mich begann“ – sei er nervös. Ein Haftbefehl ist nur ausgesetzt. Es gibt die kleine Geschichte, dass er vor dem letzten Spiel gegen Borussia Dortmund beim BVB gefragt hat, ob mit Fan-Unmut gegen ihn zu rechnen sei. Er sei daheim geblieben.

Der 62-Jährige spaltet die Republik. Im Westen, wo sie Schalke oder Borussen zujubeln, möchte man ihn auf die Galeere schicken. Im Süden gilt der Wurstfabrikant als mildtätiges Idol, spendabel zu Ärmeren und besorgt um seine Beschäftigten. Rücktritt als Bayern-Chef angesichts der Vorwürfe? Vereinsspitze und Eigner sagen Nein.

Dabei wird der auf vier Tage angesetzte Prozess das Bild eines dritten Uli Hoeneß zeigen. Das eines Süchtigen, der bei der Blase von 2001 viel Geld an der Börse verloren hatte und panisch auf dem Parkett von Tokio, Hongkong und London versuchte, den Verlust auszugleichen. In den am Ende für die Anklage relevanten Jahren muss er mit einem dreistelligen Millionen-Einsatz rund 30 Millionen Euro Gewinn gemacht haben. „Der hat eine Wettbude betrieben“, staunt der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler.

Die Geschichte vom Fieber-Zocker hat Hoeneß selbst in der „Zeit“ erzählt. Danach hat er „Tag und Nacht“ spekuliert, „pures Adrenalin“ in den Adern. Die Familie? Sei genervt gewesen. Ein Spezialhandy habe ihn mit den Börsen verbunden. Das Startgeld habe ihm sein Freund gegeben, der inzwischen verstorbene französische Manager Robert Louis-Dreyfus: Fünf Millionen in bar, fünfzehn Millionen als Bürgschaft. Das Konto kam zur Zürcher Bank Vontobel. Zinsgewinne hat er dann, leider, zu Hause nicht versteuert.

Richter Heindl muss die Hinterziehung nicht nachweisen. Uli Hoeneß gibt alles zu. Heindl muss eher die Verjährungsfrist berechnen und entscheiden, ob die Selbstanzeige ausreicht, die am 17. Januar 2013 um 8.15 Uhr beim Finanzamt Rosenheim erstattet wurde.

Steuer-Experte glaubt an Haftstrafe

Enthält sie alle Zahlen und Daten? Kam sie rechtzeitig, ohne dass die Tat vorher entdeckt war? Fühlte sich Hoeneß, wie er behauptet, durch das Scheitern des geplanten Steuerabkommens zwischen Berlin und Bern zur Anzeige getrieben – oder hatten ihn Recherchen des „Stern“ gewarnt, der vom Geheimkonto eines deutschen Fußball-Magnaten bei Vontobel wusste? Nur wenn Selbstanzeigen vollständig, rechtzeitig und ungewarnt daherkommen, können sie zur Straffreiheit führen.

Sie sei unvollständig, sind die Staatsanwälte überzeugt. „Er wird eine Freiheitsstrafe bekommen“, glaubt auch Steuer-Experte Eigenthaler. Das bedeute: Mindestens ein halbes, höchstens zehn Jahre. „Entscheidend ist, ob eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder über zwei Jahre verhängt wird. Bei zwei Jahren könnte noch die Aussetzung zur Bewährung erfolgen. Da ist die Wegmarke.“