München. Sepp Maier, die Bayern-Legende, wird am Freitag 70. Jahre alt. 536 Spiele bestritt die “Katze von Anzing“ in seiner aktiven Zeit für die Bayern, dazu kam er auf 95 Einsätze in der Nationalmannschaft. Ins Rampenlicht zieht es den Welt- und Europameister aber schon lange nicht mehr.

Plötzlich stand er im Flugzeug neben dir im Gang, schnappte sich dein Getränk und schüttete es einem anderen Passagier ins Glas. Dann half er den Stewardessen beim Abräumen, und wieder lachten sich die Leute kringelig.

Ja, wenn Sepp Maier an Bord war, erst als Nationaltorwart und später als Bundestorwarttrainer, dann ging es bei einer Länderspielreise der deutschen Fußball-Elite zwischendurch auch mal zu wie bei einem Ausflug des Kegelklubs „Die lustigen Abräumer“.

Der Sepp war sich für keinen Kalauer zu schade. Er war der Torwart, der einst im Münchener Olympiastadion während eines Spiels mit seinem FC Bayern eine Ente, die sich auf den Rasen verirrt hatte, per Hechtsprung einzufangen versuchte.

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Ihn jedoch auf die Rolle des Komikers im Trikot zu reduzieren, würde ihm bei weitem nicht gerecht. An diesem Freitag wird der Maier-Sepp siebzig Jahre alt, und er sagt zwar: „Man sollte nicht alles so bierernst nehmen.“ Aber Welt- und Europameister ist auch er nicht durch Entertainment geworden, sondern durch Willensstärke. „Ich bin heute noch ehrgeizig“, bekräftigt er. Auch wer lächelt, kann Zähne zeigen.

Schweinshaxe und Weizenbier

Sepp Maier spielt mittlerweile lieber Golf als Tennis, „weil man sich dabei mehr ärgern kann“. Mit seiner zweiten Ehefrau lebt er in Hohenlinden vor den Toren Münchens, den Fußball verfolgt er intensiv im Fernsehen, aber im Stadion der Bayern lässt er sich kaum noch sehen. „Ich war so viele Jahre dabei, irgendwann muss doch auch mal Schluss sein“, sagt er.

Die 70er-Jahre waren seine große Zeit, er war einer der Protagonisten jener für den deutschen Fußball goldenen Ära. Franz Beckenbauer ließ sein Spiel mit Eleganz zum Gefühl werden, Gerd Müller beeindruckte mit unvergleichlichem Torinstinkt – Sepp Maiers Stärken waren Sachlichkeit und Souveränität.

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Andere Torhüter flogen spektakulärer, drehten sich nach der Landung dreimal am Boden. Maier stieg hoch, pflückte die Flanke herunter und hielt den Ball fest. Sein Motto, natürlich nicht ohne Augenzwinkern: „Ein Torwart muss Ruhe ausstrahlen. Er muss nur aufpassen, dass er dabei nicht einschläft.“

Originale wie er hatten es damals leichter. „Bei uns war die Medienlandschaft noch überschaubar, es wurde nicht gleich alles an die große Glocke gehängt“, sagt er. Er schlich mal mit Franz Beckenbauer und Paul Breitner in der Nacht vor einem Spiel in die Küche, die Herren ließen es sich bei Schweinshaxe und Weizenbier gutgehen – heutzutage unvorstellbar.

Sepp Maier beneidet die neue Profi-Generation nicht: „Die Spieler trauen sich ja kaum noch etwas, und das ist auch verständlich“, sagt er. „Es hat sich doch alles enorm verändert.“

Keine Zeit zu klagen, aber Zeit für eine Zwischenbilanz

Er sagt verändert, nicht: verschlechtert. Denn die Rasanz des heutigen Fußballs imponiert ihm. 1972, erzählt er, habe er nach dem Gewinn der Europameisterschaft gedacht, dass man besser nicht mehr spielen könne. „Heute muss ich darüber lachen“, sagt er.

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„Die Bayern hauen sich die Pässe über 30 Meter so scharf und hart hin – das waren früher Schüsse! Und dann verarbeiten sie diese Bälle auch noch in einer unglaublichen Geschwindigkeit. In 20 Jahren brauchen wir sechs Schiedsrichter, weil die sonst nicht mehr mitkommen.“

Fasziniert erzählt Sepp Maier von diesem Sport, mit einer Leidenschaft, die seine Vitalität verrät. Die 70 ist für ihn kein Anlass zur Klage, auch kein Grund für eine gigantische Feier, sondern allenfalls eine Marke, an der er Zwischenbilanz zieht. „In meinem Leben ging es mehr rauf als runter“, betont er.

Dabei gab es durchaus auch Tiefpunkte: 1979 den Autounfall, der ihn zum Karriere-Ende zwang; oder 2004 den Rausschmiss als Trainer der Nationaltorhüter durch den damals neuen Bundestrainer Jürgen Klinsmann, den Sepp Maier daraufhin „linker Schleimer“ nannte.

„Aber schlechte Tage haben mich nie aus der Bahn gerissen“, sagt er, und deshalb blickt er auch gelassen in die Zukunft: „Ich will hundert werden“, verrät Sepp Maier – und dazu lacht er mal nicht, das meint er tatsächlich ganz ernst.