Essen. . Der geniale Spielmacher aus den 60er- und 70er-Jahren feiert den runden Geburtstag am Sonntag im Kreise seiner Familie. Als Fußballer des 1. FC Köln hatte er viele wunderbare Jahre, als Präsident seines Vereins trat er verärgert zurück.

Es gibt Fußballprofis, die froh sind, wenn es endlich vorbei ist. Die verletzt sind und keinen Ball mehr bewegen können. Oder antriebslos und keinen Ball mehr sehen wollen.

Und es gibt Wolfgang Overath.

Immer noch drahtig, immer noch energiegeladen, immer noch zweimal pro Woche in der Halle am Ball. Ein Mann, der älter geworden ist, ohne zu altern. Der aber trotz seiner bewundernswerten Sportlichkeit nicht vor dieser Zahl weglaufen kann, die ihn so sehr irritiert: 70 wird er an diesem Sonntag, und er schüttelt den Kopf. „Ich kann es kaum glauben, dass ich schon 70 sein soll“, sagt er. „Ich bin doch noch fit, ich spiele doch auch noch Fußball.“

Darüber, dass er bereits vor zehn Jahren „am liebsten den Kalender zerreißen“ wollte, muss er selbst lachen – damals erschien ihm schon die 60 uralt. Aber im tiefen Innern ist er doch zufrieden. Schon oft hat er diesen Satz gesagt: „Ich habe immer auf der Sonnenseite gestanden, und dafür bin ich dankbar.“ Er beweist es durch hohes soziales Engagement, er hilft in Not geratenen Menschen.

„Die Kunst des Spiels besteht darin, den Ball anzuhalten“

Wolfgang Overath – ein Fußballer mit Legendenstatus, ein hochprofessioneller Perfektionist, ein Taktgeber, Ballstreichler, Antreiber. Für seinen 1. FC Köln, dem er ewig treu blieb, schoss er schon am ersten Spieltag der Bundesliga ein Tor, am Ende der Saison war der FC 1964 der erste Meister der neuen Eliteliga, und Wolfgang Overath hatte schon mit 20 in der Nationalelf debütiert. 1970 feierte ihn die Fachwelt als besten Mittelfeldspieler der großartigen WM in Mexiko, 1974 trat er von der internationalen Bühne ab: als Weltmeister.

Er war der ideale Zehner, mit unvergleichbarer Leidenschaft vereinte er in der offensiven Schaltzentrale alle Fähigkeiten, die heute noch gefragt wären. Neben Ballgefühl und Übersicht brachte Wolfgang Overath auch seine Ellbogen und seine Stimmbänder zum Einsatz, und er diktierte das Tempo. Trat plötzlich auf den Ball, wechselte mit einem weiten Pass aus dem starken linken Fußgelenk die Richtung. „Die Kunst des Spiels besteht darin, den Ball anzuhalten“, philosophierte er einmal. Aber tatsächlich machte der Überraschungspass nach dem kurzen Zwischenstopp das Spiel schneller als jeder Sprint.

Selbst Günter Netzer, der 1972 Europameister wurde, als Wolfgang Overath verletzt war, verneigt sich vor seinem damaligen Konkurrenten und gibt zu, dass der Kölner der bessere Nationalspieler gewesen sei. Aber Wolfgang Overath war trotz seiner Robustheit auf dem Feld auch sensibel, er hat sich selbst sogar mal als Mimose bezeichnet. Kein Wunder also, dass er 1977 den großen Schlussstrich zog, als er sich gekränkt fühlte. Der machtbesessene Trainer Hennes Weisweiler lästerte, der launische Virtuose verstünde nichts von modernem Fußball. Das tat weh. Doch Wolfgang Overath konnte auch verzeihen, er sagte später: „Im Nachhinein muss ich ihm sogar dankbar sein, ich hätte ja als Fußballbesessener sonst zu der Zeit den Absprung nicht geschafft.“

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Viel Ärger als FC-Präsident

Nach seiner Karriere hat sich der Familienmensch aus Siegburg in der Öffentlichkeit nur dosiert gezeigt: Chefkritiker im Fernsehen, das war nichts für ihn. Und Präsident seines 1. FC Köln wollte er auch nie werden – bis er 2004 so sehr bedrängt wurde, dass er glaubte, dem Verein etwas zurückgeben zu müssen.

Ein Fehler. Verbittert tat er 2011 zurück, es hatte entwürdigende Schlammschlachten gegeben. Ein Grund mehr, den Siebzigsten nur im Kreise seiner Lieben zu verbringen. Und er wird bald auch die Zahl akzeptieren. Denn solange ihm keiner den Ball wegnimmt, wird sich Wolfgang Overath gut fühlen.