Essen. Düster, düsterer, London. So soll es zumindest in der Ära von Jack The Ripper gewesen sein. Die britische Serie „Ripper Street“ nimmt das Thema auf und inszeniert es zeitgemäß. Und das ZDF lässt sein Publikum daran teilhaben – kurz vor Mitternacht.

Wenn eine TV-Serie „Ripper Street“ (ZDF, Freitag, 23.45 Uhr) heißt, dann kann man schon vermuten:Das ist nicht unbedingt etwas für ganz zart Besaitete. Und richtig, viele Tote gibt es, jede Menge Gewalt und überhaupt ist es oft dreckig und düster auf dem Bildschirm. Was aber auch daran liegt, dass diese Serie aus dem Haus der BBC im Jahr 1890 spielt – in London, in der Gegend von Whitechapel. Ja, genau da, wo Jack The Ripper einst zum Messer griff.

Der bekannteste Serienkiller der Briten trägt dann nicht nur zum Titel dieser Serie bei, er scheint auch über den dunklen Gassen zu schweben, in denen Inspektor Edmund Reid (Matthew Macfadyen) mit manchmal arg verzweifeltem Blick ermittelt. Denn auch gut ein Jahr nach der nie aufgeklärten Mordserie liegt Unruhe über der Stadt. Die Stimmung auf den Straßen ist gereizt, und jeder neue Mord löst eine kleine Panik aus. Weil er ja zurück sein könnte, der unbekannte Schlitzer. Weil aber dieser Kniff allein eine Serie nicht trägt, müssen Reid und sein „Divison H“ genanntes Team auch verschwundene Kinder suchen oder den Mörder eines Spielzeugmachers.

"Ripper Street" ist ein viktorianisches "CSI"

Sie machen das mit für damalige Verhältnisse fast schon revolutionären Methoden. Denn zu Reids Team gehört auch US-Arzt Homer Jackson (Adam Rothenberg). Ein Säufer und Stammgast in den Bordellen der Stadt, aber kriminaltechnisch seiner Zeit weit voraus. Spuren am Körper von Toten kann er deuten und verfügt überhaupt über allerlei wissenschaftliches Rüstzeug. Viktorianisches „CSI“ trifft auf Sherlock Holmes für mittlere Lohngruppen, sozusagen. Und wenn das alles nicht zum Ziel führt, kommt Reids Assistent Sergeant Bennet Drake (Jerome Flynn), ein Mann der alten Schule, der Zeugenzungen bevorzugt mit einem Satz heftiger Ohrfeigen lockert.

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Bei Ausstattung und Machart zeigt Ripper Street einmal mehr, dass sich britische Serien schon lange nicht mehr hinter amerikanischen Produktionen verstecken müssen. Überzeugend und mit großem Aufwand schaffen sie ein zeitgenössisches London, das mehr Moloch als Metropole ist. Einerseits unheilvoll und gnadenlos brutal, auf der anderen Seite aber auch nicht ganz ohne Hoffnung. Weil sich Fortschritt nicht nur in der Kriminalistik, sondern in allen Lebensbereichen abzeichnet. Bahnen, die im Untergrund fahren, Telegrafen, die Nachrichten blitzschnell durch das Land jagen – es ist eine Welt im Umbruch, die die Serienmacher hier eingefangen haben und in die man als Zuschauer gerne eintaucht.

Überraschende Wendungen, flottes Tempo, viel Spannung

Zumal nicht nur die Verpackung, sondern auch der Inhalt stimmt. Denn bei aller historischen Genauigkeit kommen die Fälle nicht zu kurz. Was anfangs meist wie eine leicht abgewandelte Variation eines klassischen Kriminalfalls aus der Ära von Queen Viktoria beginnt, überzeugt oft durch überraschende Wendungen, flottes Tempo und viel Spannung. Nervenkitzel zum Start in das Wochenende.

In England schalteten die erste Staffel dann auch so viele Zuschauer ein, dass die BBC schnell eine zweite in Auftrag gab. Bei der allerdings brachen die Quoten dramatisch ein. Was weniger mit der Serie, aber viel mit ihrem Sendeplatz zu tun hat. Die historischen Ermittler mussten nämlich gegen die zeitgleich laufende englische Version des „Dschungelcamps“ antreten - und das war ein härterer Gegner als jeder Ripper.“