Washington. . Peinlich, peinlicher, Dennis Rodman. Der ehemalige Basketball-Star hat sich mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un den ziemlich peinlichsten Freund ausgesucht. Der wiederum ist ganz stolz darauf, den Paradiesvogel unter den Korbjäger zu Propaganda-Zwecken benutzen zu dürfen.

„Das Geheimnis des Weltfriedens“, sagt Dennis Rodman mit gallegrün gefärbten Haaren und breitem Grinsen, „sind Pistazien.“ Als er sich eine der salzigen Nüsse einverleiben will, drückt ein Doppelgänger eines bekannten nordkoreanischen Diktators lächelnd auf einen roten Knopf. Und Rodman, bumm!, explodiert. Ende. Der Werbespot, den ein bekannter Knabberzeug-Hersteller unlängst im US-Fernsehen schaltete, hat mit dem, was morgen in einer Turnhalle in Pjöngjang stattfinden soll, einiges gemein: Viele in Amerika verstehen ihn nicht.

In der nordkoreanischen Hauptstadt wird der ehemalige NBA-Basketballprofi gemeinsam mit anderen Alt-Recken wie Cliff Robinson, Craig Hodges und Charles D. Smith gegen eine schmalbrüstige Landesauswahl antreten. Das Schau-Spiel, wegen der prekären Versorgungslage in Nordkorea bereits als „Hunger Games“ verspottet, ist Rodmans persönliches Geschenk zum 31. Geburtstag des echten Diktators Kim Jong Un. High-Five-Laune will aber nicht wirklich aufkommen, seit der kleine, pummelige Mann neulich ei­nen Onkel „verabscheuungswürdigen Abschaum“ hieß und von der Regierungsbank auf kürzestem Weg ins Jenseits befördern ließ. Aber Sport lenkt ab.

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Seit dem Internat in der Schweiz ist Kim Basketballfan. NBA-Basketball. Eine Neigung, die in der Familie liegt. Vater Kim Jong-Il bekam von US-Außenministerin Madeleine Albright vor 14 Jahren einen Ball mit den Unterschriften der Chicago Bulls überreicht.

Er wird wie ein Staatsheiligtum behandelt. Dennis Rodman war Teil der legendären Mannschaft mit Michael Jordan und Scottie Pippen, die in den 90er-Jahren fünf NBA-Titel errang. Klein-Kim soll am liebsten im Trikot des Abwehrspezialisten durch die Welt gelaufen sein. Jetzt ist er groß. Und ein Despot.

Bizarre diplomatische Mission von Rodman in Nordkorea

Darf man so einem die Aufwartung machen, einem, der Millionen unter der Knute und Hunderttausende in Arbeitslagern hält und im Vierteljahres-Abstand Amerika und dem Rest der Welt den Atomkrieg erklärt? Wie eigentlich kommt ein auskömmlich gepiercter, tätowierter und gelegentlich in Frauenkleidern auftretender Pfau wie Dennis Rodman dazu, den wohl unberechenbarsten Steinzeit-Kommunisten als „Freund fürs Leben“ zu bezeichnen? Das weiß niemand so richtig.

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Obwohl Rodman binnen eines Jahres vier Mal den Flieger gen Fernost bestieg, um dem nachzugehen, was er unter „Basketball-Diplomatie“ und „Völkerverständigung“ versteht, sind bis auf peinliche Fotos, die innige Umarmungen dokumentieren, nur noch peinlichere Sätze überliefert: „Ich liebe diesen großartigen Kerl.“

„Er will keinen Krieg. Er will nur, dass Obama ihn anruft“, richtete Rodman unlängst im amerikanischen Frühstücksfernsehen von seinem „Freund“ Kim aus. Woraus Beobachter auf eine bizarre diplomatische Mission schlossen, die womöglich mit stillem Wohlwollen des Weißen Hauses die Eiszeit im Verhältnis beider Länder beenden helfen soll. Blödsinn, konterte Regierungssprecher Carney beizeiten. Später wurde die Version vom Tor genährt, den sich der Diktator medienwirksam an den Hof kommen lässt. Da könnte was dran sein.

Für Rodman ist jede Publicity besser als keine

Keine Rede, keine martialische Grüßaugust-Szene mit greisen Claqueuren vor Raketen und Panzern beschert Kim Jong Un so viel Presse wie die Visiten von Federboa-Rodman mit Zigarre am Spielfeld. „Das ist ganz klar ein Propaganda-Erfolg für ihn“, sagt der Washingtoner Nordkorea-Experte Victor Chah.

Auch für Rodman fällt was ab. Der Sender HBO drehte eine Dokumentation mit ihm und Spielern der Harlem Globetrotters, die ihre Kunststückchen unter d

em Korb in Pjöngjang vorführten. Das Magazin „Vice“ und das irische Wettbüro Paddy Power kamen für die Reisen auf. Nach der von makabren Spekulationen umrankten Exekution des Onkels von Kim Jong Un (Stichwort: Hundefutter) knickten die Kleeblätter ein: „Wir habe da was falsch gemacht“, sagte ein Sprecher des Sponsors kleinlaut. Wer den NBA-Pensionärsausflug am Mittwoch bezahlt, ist unbekannt.

Sein Millionenvermögen hat er verjubelt

Klar ist nur: Weil jede Publicity besser ist als gar keine, wird Rodman weiter feilen an seiner seltsamen Männerfreundschaft. Sein Millionenvermögen aus aktiver Zeit als Spieler hat er (Spitzname: Der Wurm) längst verjubelt. Und die Alimente- und Unterhaltsforderungen seiner Ex-Frauen drücken.

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Dass er den Menschenschänder Kim Jong Un aufwertet, ihn human erscheinen lässt, ohne dessen brutale Machenschaften deutlich anzusprechen, geht der amerikanischen Öffentlichkeit zunehmend quer. Mancher wünscht sich, dass Präsident Obama, selber Basketballer, den Sport-Diplomaten endlich so rüde blockt, wie Rodman das früher mit seinen Gegnern unter dem Korb gemacht hat.