Washington. . Schock in den USA: Ein 12-jähriger Schüler erschoss seinen Lehrer in Sparks, US-Staat Nevada. Er wollte – so heißt es – sein angekratztes Selbstwertgefühl aufmöbeln. Für die Bluttat benutzte er eine Waffe seiner Eltern.

Die Taliban konnten Michael Landsberry bei zwei Einsätzen als Elite-Soldat der Marines in Afghanistan nichts anhaben. Auch manchen Einsatz in der Nationalgarde überstand der 45-jährige Familienvater unbeschadet. Am Montagmorgen lag der Mathematik-Lehrer, der an der Mittelschule von Sparks im US-Bundesstaat Nevada nicht nur wegen seines Humors beliebt war, tot auf dem Schulhof.

Erschossen von einem laut CNN 12-jährigen Schüler. Der wollte, nach allem, was die Polizei in dem Vorort der Zocker-Hochburg Reno bisher an möglichen Motiven durchsickern ließ, sein angekratztes Selbstwertgefühl mit Hilfe einer halbautomatischen Pistole wiederherstellen, die er bei seinen Eltern entwendet hatte. Zehn Monate nach dem Schul-Massaker von Newtown, wo Adam Lanza 20 Erstklässler erschoss.

Ein Schuss in die Brust

„Warum lacht ihr über mich, warum macht ihr euch über mich lustig?“, zitierten in unmittelbarer Nähe stehende Mitschüler gegenüber lokalen Fernsehstationen den Schützen, der am Morgen gegen 7.15 Uhr gemeinsam mit rund 700 anderen Siebt- und Achtklässlern am ersten Tag nach den Herbstferien zum Unterricht strebte.

Landsberry, ein gutmütiger Bär von einem Kerl, nebenbei Trainer der Fußball- und Basketballmannschaft der Schule, bemerkte die Waffe, wollte den Jungen zur Rede stellen. Dann fielen schon die ersten Schüsse. Zwei Zwölfjährige wurden in Schulter und Unterleib getroffen. Sie sind inzwischen in stabilem Zustand, berichtete Polizeichef Tim Robinson.

Für Landsberry kam jede Hilfe zu spät. „Tritt zurück!“, soll der Schütze noch kurz vorher gerufen haben. Dann drückte er ab und traf den Lehrer in die Brust. Panik brach aus. Dutzende Schüler rannten in alle Himmelsrichtungen davon. Wenig später richtete der Junge, dessen Identität die Behörden am Dienstag noch geheim hielten, die Waffe gegen sich selbst. „Mein Leben ist vorbei!“, soll er gerufen haben. Kopfschuss. Tot.

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30 Schülerinnen und Schüler, allesamt zwischen 12 und 14, erlebten die Tragödie aus unmittelbarer Nähe mit. Mehrere von ihnen waren Dienstag nach Berichten von CBS-Reportern bei Psychologen in Behandlung, „um den ersten Schrecken in Bahnen zu lenken“.

Emotionen entluden sich in Ersatzhandlungen

Wie immer, wenn an Amerikas Schulen wieder einmal das Unglaubliche geschehen ist, so entluden sich die Emotionen auch in Sparks in Ersatzhandlungen. Die Polizei lobte sich und die Schüler wie deren herbeigeeilte Eltern für schnelles, angemessenes Reagieren, obwohl Augenzeugen von „schierem Chaos“ berichteten.

Der demokratische Senator Harry Reid, ein Mitglied der Waffenlobby NRA, zeigte sich bestürzt. Der Bürgermeister und der Gouverneur sprachen von einem „isolierten Einzelfall“ und riefen die Bevölkerung zur Ruhe und Trauer auf. Und alle gemeinsam erhoben sie Michael Landsberry in den Rang eines Helden, der sich dem Attentäter mutig entgegengestellt habe und damit mutmaßlich „vielen Menschen das Leben gerettet hat“, wie ein Sprecher der Bezirkspolizei sagte. Auf Facebook und der privaten Internetseite Landsberrys türmten sich gestern die Beileidstelegramme. Häufigster Tenor: „Der beste Lehrer, den ich je hatte.“

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Über den Täter, sein Vorleben, seinen familiären Hintergrund, über seine mentale Verfassung vor der Eskalation war auch 36 Stunden danach noch kein offizielles Wort zu hören. Dass die in Nevada laxer als andernorts gehandhabte Verfügbarkeit von Waffen eine Rolle gespielt haben könnte, wurde nicht einmal erwähnt.