Hamburg. Bei einer Protestaktion gegen die Flüchtlingspolitik des Hamburger Senats ist es zu Ausschreitungen gekommen. Polizisten wurden mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen, die Beamten setzten Pfefferspray ein. Bei der Demo ging es um den Umgang mit unangemeldeten Flüchtlingen.

In Hamburg sind Proteste linker Gruppen gegen den Umgang der Behörden mit Flüchtlingen eskaliert. Teilnehmer eines Demonstrationszugs von bis zu 1000 Menschen durch das Schanzenviertel bewarfen am Dienstagabend Polizisten mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern, wie die Beamten mitteilten.

Später zündeten Protestierende in Nebenstraßen Müllcontainer an und zogen Zäune und Paletten auf Straßen. Auch ein Streifenwagen und das Hamburger Landgericht wurden attackiert und beschädigt. Nach Polizei-Angaben wurden sechs Beamte leicht verletzt.

Mehr als 1000 Polizisten im Einsatz

Den Angaben zufolge waren mehr als 1000 Beamte im Einsatz. Aktivisten aus dem Umfeld des linken Zentrums "Rote Flora" hatten zu den Protesten aufgerufen. Sie richteten sich gegen das Vorgehen der Behörden gegen schätzungsweise rund 300 Flüchtlinge aus Libyen, die seit Monaten zumeist unangemeldet und mittellos in Hamburg leben. Seit einigen Tagen wird verstärkt versucht, die Menschen bei Polizeikontrollen im Stadtgebiet aufzugreifen und zu erfassen, um ihren Aufenthaltsstatus zu klären.

Bei den Ausschreitungen sind nach Angaben der Polizei sechs Beamte leicht verletzt worden.
Bei den Ausschreitungen sind nach Angaben der Polizei sechs Beamte leicht verletzt worden. © dpa

Das Schicksal der Flüchtlinge sorgt in Hamburg seit längerem für Aufsehen. Sie waren über Italien in die EU gekommen, von der Regierung dort aber entgegen der Gepflogenheiten mit befristeten Reisedokumenten für den Schengen-Raum ausgestattet worden. Auf diese Weise gelangten sie nach Hamburg, wo sie sich nach Ablauf ihrer Aufenthaltstitel nun ohne gesicherten Status aufhalten.

Flüchtlinge haben Angst vor Ausweisung

Angebote der Behörden zur Unterbringung, Beratung und rechtlichen Prüfung ihres Falls lehnen die meisten Flüchtlinge aus Angst vor Ausweisung ab. Stattdessen versuchen sie, sich allein durchzuschlagen. Anspruch auf Unterstützungsleistungen haben sie nicht. Hilfe erhalten sie unter anderem von der evangelischen Kirche. In einer Gemeinde im Stadtteil St. Pauli werden etwa 80 Flüchtlinge notdürfig beherbergt.

Scharfe Kritik an den jüngsten Polizei-Kontrollen kam von der Bürgerschafts-Opposition von Grünen und Linken, aber auch aus den Reihen der Kirche. Die allein regierende SPD verteidigte das Vorgehen. Das Vorgehen diene dazu, eine "faire Einzelfallprüfung" zu ermöglichen. Während der behördlichen Prüfung ihrer Identität und ihres Verfolgungsschicksals hätten die Betroffenen ein legales Aufenthaltsrecht, betonte die SPD-Fraktion. Die Regeln zur Aufnahme von Flüchtlingen müssten aber auch in diesem Fall eingehalten werden. (afp)