Berlin/Essen. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), fordert angesichts der Flüchtlingsdramen einen radikalen Kurswechsel in der Einwanderungspolitik. Europa müsse „endlich anerkennen, dass es ein Einwanderungskontinent ist. Deshalb brauchen wir ein legales Einwanderungssystem“.
Nach den jüngsten Flüchtlingsdramen verlangt der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, ein radikales Umsteuern in der europäischen Einwanderungspolitik und mehr Möglichkeiten für eine legale Einreise von Flüchtlingen. „Europa muss endlich anerkennen, dass es ein Einwanderungskontinent ist“, sagte der SPD-Politiker.
Auch Deutschland als reichstes und politisch stärkstes Land in Europa müsse mehr Flüchtlinge aufnehmen, so Schulz. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) betreibe angesichts der Lage am Mittelmeer „billige Polemik und Zahlenspiele“. Friedrich hatte trotz der Flüchtlingsdramen mehrfach betont, dass er keinen Grund für eine Änderung der europäischen Einwanderungspolitik sehe.
Schulz fordert legales Einwanderungssystem für EU
Alle großen Einwanderungsregionen der Erde wie etwa die USA, Australien oder Kanada hätten moderne Gesetze, die die legale Zuwanderung regelten, so Schulz. Ein legales Einwanderungssystem halte Menschen davon ab, sich unmoralischen Schleppern auszuliefern, die aus der Hoffnungslosigkeit ein Geschäft machten. Zuletzt waren Vorschläge laut geworden, gut ausgebildeten Flüchtlingen die Aufnahme in Deutschland zu erleichtern.
Nach Meinung des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hat Europa für die derzeitige Flüchtlingswelle keine Lösung. Der Umgang mit den Flüchtlingen sei hilflos, sagte der geschäftsführender Direktor Reiner Klingholz zur WAZ. Zum einen gebe es die so genannten Gutmenschen, die Grenzen radikal öffnen wollten, damit sich solche Tragödien wie vor Lampedusa nicht wiederholten. Andere riefen: „Das Boot ist voll.“ Eine dauerhafte Lösung aber habe niemand. Dabei werde die Flüchtlingswelle langfristig eher noch zunehmen, wenn sich die Lage in den afrikanischen Krisengebieten nicht grundlegend verbessere.
Die klassische Entwicklungspolitik sei nicht geeignet, die Situation der Menschen so erträglich zu machen, dass sie in ihrer Heimat bleiben wollten. In den afrikanischen Krisenstaaten versickere die Entwicklungshilfe in der Korruption. Aufstrebende Länder hingegen bräuchten keine klassische Hilfe, sondern Handelserleichterungen.