Neu Delhi. . Im Dezember 2012 überfiel eine Bande von sechs Männern eine 23-jährige Studentin und vergewaltigte sie stundenlang. Zwei Wochen später erlag die junge Frau ihren Verletzungen im Krankenhaus. Einer der Täter wurde nun zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt. Das Urteil löste heftige Kritik in Indien aus.

Busfahrer der indischen Hauptstadt Neu Delhi mochten den Jungen aus dem Bundesstaat Uttar Pradesh, weil er als „Singsang Schaffner“ mit seinen Liedern Fahrgäste anlockte. Am Samstag sprach ein Gericht der Hauptstadt den inzwischen 18-jährigen nach einem wochenlangen Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit in allen 13 Anklagepunkten schuldig – und verurteilte ihn wegen Vergewaltigung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren in einem „Spezialheim“ für Jugendliche. Der „Singsang Schaffner“ war erst 17 Jahre alt, als er im Dezember 2012 gemeinsam mit einer Bande von fünf Männern eine 23-jährige Studentin stundenlang vergewaltigte und misshandelte.

Die junge Frau starb zwei Wochen später in einem Krankenhaus in Singapur an den Folgen der Verletzungen – und laut Informationen dieser Zeitung auch wegen Behandlungsfehlern in der indischen Klinik, in der sie zunächst lag.

„Bei dem milden Urteil hätten Sie ihn auch gleich laufen lassen können“, schimpfte nach dem Urteil die weinende Mutter des Opfers. Dabei hatte der Richter die höchstmögliche Strafe für einen Minderjährigen verhängt. Als Alternativen standen ihm Sozialdienst und Betreuung durch Sozialarbeiter zur Verfügung. Aber der Täter kann angesichts der verbüßten Untersuchungshaft bereits auf seine Freilassung in 28 Monaten hoffen – sofern er die Zeit im „Spezialheim“ überlebt. „Er wird nicht sehr gut behandelt werden“, glaubt Bharti Ali vom HAQ Zentrum für Kinderrechte in der Hauptstadt, „und spätestens nach seiner Freilassung wird jemand ihn lynchen.“

Wut der Opfer-Familie

Das wäre im Sinne vieler Zeitungen und Inder, die das Urteil heftig kritisierten. „Opfer Gerechtigkeit versagt“ wetterte die „Times of India“. „Er darf jetzt fernsehen“ schrieb die Hindustan und betonte, dass der Schaffner der brutalste Angreifer gewesen wäre.

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Ram Singh, der Anführer der brutalen Bande, wurde bereits erhängt in seiner Zelle in Delhis Tihar-Gefängnis gefunden. Die Behörden sagen, es habe sich um Selbstmord gehandelt. Sein Rechtsanwalt glaubt, es habe sich um einen Racheakt der Wächter oder von Mitgefangenen gehandelt. Den anderen Angeklagten, deren Verfahren noch nicht begonnen hat, droht die Todesstrafe. Sie sollen vor ein Schnellgericht kommen, das von den Behörden eingerichtet wurde, um die Verschleppung von Prozessen in besonders schlimmen Fällen zu umgehen.

Die brutale Tat hatte massive Frauenproteste in Indien ausgelöst und die Regierung in die Enge gedrängt. Neueste Zahlen zeigen, dass die Zahl der Vergewaltigungen auf dem Subkontinent ansteigt. Die Medien berichten seit dem brutalen Verbrechen im Dezember nun regelmäßig über solche Taten. Aber das Magazin „Tehelka“ kommt in einer Auswertung der vergangenen Woche auch zu einem schweren Vorwurf: Die Medien würden nur Fälle aufgreifen, bei denen arme Inder wohlhabendere Inderinnen misshandeln.

Polizisten als Vergewaltiger

Die Vergewaltiger der 23-jährigen Studentin kamen alle aus armen sozialen Verhältnisse. Der am Samstag verurteilte 18-jährige „Singsang Schaffner“, dessen Name laut indischen Gesetzen nicht veröffentlicht werden darf, war nach Auskunft seiner Mutter im Alter von elf Jahren zu Hause weggelaufen. „Ich dachte, er sei tot“, erklärte sie in ihrem kleinen Heimatdorf, „die Nachricht von seiner Verhaftung war das erste Lebenszeichen von ihm seit Jahren“.

Schon erschüttert ein neuer Fall das Land. Fünf Inder, darunter zwei Polizisten in Uniform, haben nach Medienberichten eine junge Frau in der Nähe der Hauptstadt Neu Delhi vergewaltigt. Das Opfer sei bei ihrem Freund in Noida gewesen, als die Gruppe ins Zimmer stürmte, berichteten indische Medien am Sonntag. Vier Verdächtige seien festgenommen worden.