Neu Delhi. . Der Tod einer vor gut zwei Wochen in Indien von mehreren Männern vergewaltigten jungen Frau hat dort Trauer und Proteste ausgelöst. Die Polizei erklärte am Samstag, die sechs mutmaßlichen Vergewaltiger würden nun des Mordes angeklagt.

Mit Wut und tiefer Bestürzung hat Indien am Samstag auf den Tod der von mehreren Männern brutal vergewaltigten jungen Inderin reagiert. Premierminister Manmohan Singh und die Vorsitzende der regierenden Kongresspartei, Sonia Gandhi, richteten bewegende Worte an die Nation und versprachen einen besseren Schutz für Frauen. Viele Menschen gingen im Gedenken an die 23-Jährige auf die Straße.

Er sei "zutiefst betrübt", dass die junge Studentin ihren schweren Verletzungen erlegen sei, erklärte Singh und äußerte Verständnis für die Massenproteste nach der brutalen Tat Mitte Dezember. Dies seien "verständliche Reaktionen" eines jungen Landes gewesen, das auf einen Wandel hoffe. Singh rief die Inder auf, ihre Emotionen und Energien in "konstruktives" Handeln umzuwandeln. "Es ist nun an uns, dafür zu sorgen, dass ihr Tod nicht umsonst war", erklärte Singh. Indien müsse zu einem besseren und sichereren Platz für Frauen werden.

Sechs mutmaßlicher Vergewaltiger sollen des Mordes angeklagt werden

Der Name der jungen Frau ist nicht öffentlich bekannt, sie wurde "Indiens Tochter" genannt. Die Studentin war am 16. Dezember in einem Bus Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden. Der Bus mit getönten Scheiben fuhr dabei an mehreren Polizeikontrollen vorbei, ohne dass jemand etwas von dem Verbrechen einschritt. Die Frau wurde schwer verletzt und anschließend von ihren Peinigern zusammen mit ihrem männlichen Begleiter aus dem Bus geworfen. Am Samstagmorgen (Ortszeit) starb sie in einer Klinik in Singapur an Organversagen.

Die sechs Männer, die die 23 Jahre alte Inderin in Neu Delhi vergewaltigt und tödlich verletzt haben sollen, werden des Mordes angeklagt. Die Polizei wolle das Anklageprotokoll schnellstmöglich ausfüllen, sagte ein Polizeisprecher am Samstag. Ihnen droht die Todesstrafe. Der Prozess soll nach Medienberichten bereits nächste Woche beginnen.

Gandhi versprach, der tragische Tod der jungen Frau werde "nicht umsonst" gewesen sei. "Als Frau und Mutter verstehe ich den Schmerz", erklärte sie. In Indien ist sexuelle Gewalt gegen Frauen an der Tagesordnung. Viele Opfer trauen sich aber nicht, ihre Peiniger anzuzeigen, weil sie sowohl die schwerfällige Justiz als auch die Reaktionen männlicher Polizisten fürchten. Der Fall der jungen Frau löste jedoch eine Protestwelle und eine Debatte über den tief in der Gesellschaft verwurzelten Konflikt aus.

Regierungsviertel aus Furcht vor Protesten abgeriegelt

Aus Furcht vor neuen Massenprotesten rief die Polizei in Neu Delhi die Menschen zur Ruhe auf und riegelte mehrere Bezirke im Zentrum der indischen Hauptstadt ab. Trotz der starken Polizeipräsenz und der strengen Sicherheitsvorkehrungen gingen aber in Neu Delhi und etwa in Kolkata viele Menschen im Gedenken an die Frau auf die Straße, darunter auch zahlreiche Männer.

Sie zündeten Kerzen an und trugen Schilder mit Sprüchen wie "Todesstrafe für Vergewaltiger" und "Mein Körper - Mein Recht". Viele Demonstranten hatten sich in Anspielung auf die Unterdrückung von Frauen in der indischen Gesellschaft den Mund oder die Augen verbunden.

Indiens diplomatischer Vertreter in Singapur, T.C.A. Raghavan, verteidigte unterdessen die Verlegung der Frau von Indien in eine Klinik in Singapur. Dies sei ausschließlich aus medizinischen Gründen erfolgt. Zuvor war Kritik laut geworden, die Frau sei weggebracht worden, um neue Spannungen im Land zu verhindern.

Bei einer Pressekonferenz sprach er zudem vom Leid der Familie der Studentin, die bei deren Tod am Krankenbett saß. "Sie haben mich mehrmals gebeten, zu sagen, wie berührt sie angesichts der vielen Bekundungen und Wünsche für sie waren." Der Leichnam der 23-Jährigen sollte im Laufe des Samstag zurück in ihre Heimat gebracht werden.

Die sechs mutmaßlichen Täter wurden festgenommen. Ihnen drohen nun Anklagen wegen Mordes. Darauf steht in Indien die Todesstrafe. (afp)