Neu Delhi. . Es sind nicht nur die sexuellen Übergriffe, unter denen Frauen in Indien leiden. Sie werden getötet, geschlagen, benachteiligt – vom Mutterleib bis ins Grab. Selbst die Richter im Hohen Gerichtshof von Neu Delhi sind fassungs– und machtlos.

Selbst die Richter im Hohen Gerichtshof von Neu Delhi sind fassungslos. „Sind die Leute verrückt geworden?“, fragte ein Richter neulich, als er sich nach den Vergewaltigungen von Frauen nun mit der Vergewaltigung einer Fünfjährigen in der indischen Hauptstadt beschäftigen musste.

Und es sind nicht nur die sexuellen Übergriffe, unter denen Frauen in der größten Demokratie der Welt leiden. Sie werden getötet, geschlagen, benachteiligt – vom Mutterleib bis ins Grab. Fakten zur Lage der Mädchen und Frauen:

Abtreibung: 300 000 bis 600 000 Mädchen sterben jährlich schon vor ihrer Geburt, hieß es 2011 in einer Studie im britischen Medizinjournal „The Lancet“. Vorgeburtliche Bestimmung des Geschlechts und gezielte Abtreibung sind zwar verboten, aber trotzdem so weit verbreitet, dass Millionen Frauen im Land fehlen.

Diskriminierung: Mädchen bekommen nach einer UN-Studie im Schnitt weniger zu essen, eine schlechtere Gesundheitsversorgung und gehen seltener zur Schule. Vom ersten bis zum fünften Lebensjahr liegt ihre Sterblichkeit demnach um 75 Prozent höher als die von Jungen.

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Kinderehe: Fast die Hälfte der Mädchen wird schon vor dem 18. Geburtstag verheiratet, jede fünfte Inderin sogar schon vor dem 16. Geburtstag, ermittelte Unicef. Einmal in der Ehe, dürften viele nicht mehr zur Schule gehen, seien sozial isoliert und dürften keine eigenen Entscheidungen mehr fällen.

Aussteuer: Mädchen gelten in den Familien oft als wirtschaftliche Last, weil sie eine hohe Aussteuer in die Ehe mitbringen sollen – das seit 1961 geltende Mitgift-Verbot wird nicht durchgesetzt. Auch verlassen die Töchter mit der Ehe in der Regel das Haus und ziehen zu den Schwiegereltern, wohingegen Söhne bei den Eltern bleiben und sie bis ins Alter versorgen. In Nordindien heißt ein Sprichwort: „Töchter sind der Reichtum eines anderen.“

Gewalt in der Ehe: Laut einer Unicef-Studie findet mehr als die Hälfte aller männlichen Heranwachsenden in Indien, dass ein Ehemann das Recht hat, seine Frau zu schlagen. Häusliche Gewalt gegen Frauen gebe es in vielen Formen, allen Klassen und Kasten sowie allen Regionen Indiens, sagt die einflussreiche Anwältin für Menschenrechte, Vrinda Grover. „Die Gewalt gegen Frauen ist der Ausdruck des ungleichen Status’ der Geschlechter.“ Vergewaltigungen in der Ehe sind in Indien nicht strafbar.

Ausgrenzung der Witwen: Witwen werden oft vernachlässigt oder gar verscheucht, da sie Pech bringen sollen. Viele von ihnen reisen, bettelarm, zu heiligen Plätzen und warten dort auf den Tod. Sie sollen auch nicht an Festen teilnehmen oder farbige Kleidung und Schmuck tragen.